Eltern sorgen sich um Krefelder Schulen

Analyse: Die hiesige Bildungslandschaft ist im Umbruch. Vieles hängt von den künftigen Schülerzahlen ab.

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Krefeld. Stimmt etwas nicht mit der Schullandschaft in Krefeld? Es ist ungewöhnlich, dass Elternsprecher gleich dreier Schulen im jüngsten Fachausschuss sich mit ihren Sorgen zu Wort meldeten. Diese bezogen sich auf einzelne Schulen, sind aber auch genereller Art.

Die Bismarckschule muss im Sommer vier Eingangsklassen aufnehmen, an der Südschule ist das nach der Informationspanne der Verwaltung und der neuen Festsetzung vom Tisch. Das schafft Probleme an der Bismarckschule vor allem räumlicher Art. Der Schule wurde zugesichert, dass dies nicht noch einmal passieren solle.

Im Dezember war bekanntgeworden, dass Krefeld 208 künftige i-Dötze mehr hat, als die Krefelder Geburtsstatistik hergibt. Grund sind unter anderem die nicht vorauszusehenden Zuwanderungen aus europäischen Nachbarländern. Das bestätigt Jürgen Maas, Leiter des Fachbereichs Schule, auf WZ-Anfrage. Da die Schülerzahlen insgesamt aber zurückgehen, dürfte dort ab 2015 dreizügig weiter gearbeitet werden.

Das Dilemma in diesem Jahr: Auch die jeweils benachbarten Grundschulen sind so voll, weshalb Abweisungen nicht möglich waren. So hat die Verwaltung dann zähneknirschend die vier Eingangsklassen an der Bismarckschule — und zunächst auch an der Südschule — vorgeschlagen. Die Politik folgte zähneknirschend. Dabei wird, so das Versprechen, der Raumbedarf der Bismarckschule nicht aus den Augen verloren — auch wenn wegen der Haushaltslage im Moment nichts geht.

Die Comenius-Förderschule soll zum Sommer 2015 geschlossen werden. Das bringt die Eltern auf die Barrikaden, auch wegen der Innenstadtlage. Hintergrund ist der Mindestgrößen-Erlass der Landesregierung für Förderschulen, der in anderen Kommunen zu sofortigen Schließungen führt. Krefeld, so Maas, versucht nun, den Innenstadt-Standort zumindest noch eine gewisse Zeit lang zu erhalten - eigenständig oder als Dependance einer anderen Förderschule.

Auch andere Förderschulen liegen unter dieser Mindestgröße, sind aber seit 2010 Kompetenzzentren. Die sollen gestärkt werden, auch wenn das Projekt Kompetenzzentrum jetzt ausläuft. Die Zentren werden ab Sommer „Förderschulen im Verbund“ heißen. Aber völlig unklar ist, wie sich Eltern bei der Inklusion, dem gemeinsamen Lernen von behinderten und nichtbehinderten Schülern in der Regelschule, entscheiden werden. Wollen sie in der Regelschule anmelden oder werden sie eine Förderschule bevorzugen? „Wir in Krefeld wollen so lange wie möglich beide Angebote gleichwertig nebeneinander vorhalten, damit die Eltern eine echte Wahlfreiheit haben“, betont Maas.

Wegen der Kommunalwahl im Mai und der damit wohl ruhenden politischen Entscheidungen wird für die Schullandschaft auch klar: Die beiden verbleibenden, regulär laufenden Hauptschulen, die schon seit längerem um ihre Auflösung gebeten haben, werden mindestens ein weiteres Jahr bleiben. Zumindest eine muss bestehen, damit den Schülern mit Hauptschulpotenzial ein Angebot zur Anmeldung gemacht werden kann.

Drei der vier Realschulen (Stand Juli 2013) wollen in ihrer Form bestehen bleiben und weisen darauf hin, dass sie auch Kinder mit Hauptschulempfehlungen optimal fördern können. Die vierte Realschule wünscht, Gesamtschule zu werden, auch in möglicher Kooperation mit den beiden Hauptschulen.

Die Gesamtschule, bislang einzige Schulform in Krefeld, die ein integriertes System (Hauptschul-, Realschul- und Gymnasialpotenzial) anbietet, hat im Vorjahr trotz der neuen vierten Gesamtschule in Uerdingen 60 Kinder abweisen müssen. Für eine weitere Gesamtschule oder eine andere Schulform ist eine Elternbefragung nötig. Eine alternative Schulform wäre die Sekundarschule, aber die will in Krefeld wohl niemand. Das ist ohne Elternbefragung allerdings nicht sicher festzustellen. Wenn bis zu den Sommerferien keine Elternbefragung durchgeführt wird, können weder eine fünfte städtische Gesamtschule noch eine Sekundarschule vor Sommer 2016 an den Start gehen.

Apropos fünfte Gesamtschule: Die Frage ist nicht nur, ob sie bei sinkenden Schülerzahlen genügend Anmeldungen bekommen würde. Die Frage zielt dann auch in die Richtung: Wie viele Oberstufen kann Krefeld sich erlauben? Experten sagen: Wohl nicht mehr so viele wie jetzt, aber es werden nicht die erwähnten integrierten Systeme sein, die weniger Zulauf haben. Sie sehen auch eine dringend nötige Neuordnung der Gymnasien. Denn nicht nur Gymnasien haben Oberstufen, sondern auch Gesamtschulen und Berufskollegs. Und belegt ist, dass Realschüler nach der Klasse 10 am häufigsten zu den Berufskollegs wechseln. Wenn eine fünfte Gesamtschule kommen sollte und die Zahl der Fünftklässler 2016 erneut sinkt, werden nicht mehr alle acht Gymnasien zu halten sein. Hierüber sind noch heftige Diskussionen zu erwarten.