Familienfreundlichkeit Familienfreundlichkeit wird für Firmen immer wichtiger

Krefeld · Oft haben es gerade Frauen schwer, im Job alles unter einen Hut zu bringen. Der Chef kann helfen.

Aktiv im Netzwerk Wirtschaft und Familie: Kristina Freiwald von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft, Gleichstellungsbeauftragte Heike Hinsen und Michael Fechler von der Unternehmerschaft Niederrhein (v.l.).

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Der Fachkräftemangel ist in allen Branchen spürbar. Um gute Mitarbeiter zu halten, neue, geeignete Fachkräfte auf einem leergefegten Arbeitsmarkt zu finden, bedarf es mehr als einer guten Bezahlung. „Familienfreundlichkeit ist längst ein Punkt, der bei Stellengesuchen und Bewerbungen eine wichtige Rolle spielt“, sagt Michael Fechler von der Unternehmerschaft Niederrhein. Vor allem für Frauen, die in den meisten Fällen im Alltag Familie und Job vereinbaren müssen, bietet ein familienbewusstes Unternehmen gute Berufschancen. „Im Hinblick auf den Fachkräftemangel ein nicht zu unterschätzender Faktor für Mitarbeiter suchende Unternehmen“, ergänzt Kristina Freiwald von der Wirtschaftsförderungsgesellschaft (WFG). Sie ist Projektleiterin des Krefelder Netzwerks Wirtschaft und Familie, das 2014 ins Leben gerufen worden ist.

„Familienfreundlichkeit ist ein Schlüssel zur Fachkraftbindung“, sagt Freiwald und bezieht sich auf eine Umfrage der WFG aus diesem Jahr zur Bindung und Rückgewinnung von Fachkräften. Für 46,1 Prozent der befragten Unternehmen spielt Familienfreundlichkeit eine große Rolle. „Ihnen ist aber oftmals gar nicht mehr bewusst, was sie dafür in ihrem Betrieb schon alles tun. Das fängt bei den gesetzlichen Möglichkeiten wie Mutterschutz und Elternzeit an, geht über flexible Arbeitszeitmodelle und Auszeiten bis hin zu finanziellen Unterstützungen und einem regelmäßigen gemeinsamen Mitarbeiter-Essen, an dem auch die eigenen Kinder teilnehmen können.

Mitarbeiterzufriedenheit ist
ein Wirtschaftsthema

„Keiner möchte familienunfreundlich sein, aber viele Unternehmen wissen gar nicht, wie sie familienfreundlich sein können“, sagt Fechler. Deshalb sei die Beratung auch so wichtig. Und der Bedarf ist da. In der Umfrage der WFG wünschen sich laut Freiwald sich 69,8 Prozent der Befragten eine Anlaufstelle für Beratung und Unterstützung.

Familienfreundlichkeit ist weitaus mehr als nur Kinderbetreuung“, wird Fechler deshalb auch nicht müde, zu betonen. Er spricht von den Alleinerziehenden und den „Sandwich-Fällen“, denjenigen, die noch Kinder haben und zusätzlich die eigenen Eltern pflegen. Sie müssen tagtäglich Herausforderungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf leisten. Wenn der Chef diese Herausforderungen gemeinsam mit ihnen löst, weil er zuhört und Hilfen anbietet, habe das immense Auswirkungen auf die Mitarbeiterzufriedenheit.

 „Wenn eine Firma hingegen eine hohe Mitarbeiter-Fluktuation hat, werden häufig diese Herausforderungen dort nicht gelöst“, so Fechler. Der Mensch sollte im Mittelpunkt stehen, nicht nur die Arbeitskraft, appelliert Freiwald. „Das schafft Motivation und Identifikation mit der eigenen Firma und in der Folge werden die Krankenstände weniger“, sagt die Projektleiterin aus der Beobachtung. Werden die Herausforderungen für die Arbeitnehmer jedoch immer größer, wachse der Druck auf die Mitarbeiter und sie werden leistungsschwächer, krank oder sie kündigen.

„Deshalb ist Familienfreundlichkeit kein soziales Thema, wie oft in dem ersten Gespräch mit Unternehmern zu hören ist, sondern ein tagesaktuelles Wirtschaftsthema“, betont Fechler. Sowie eine Möglichkeit, neue, gut ausgebildete Arbeitskräfte anzusprechen, häufig Frauen, die bei ihrer Familiensituation bislang keine Lösung für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gefunden haben. „Ein Riesenchance für Frauen“, sagt Gleichstellungsbeauftragte Heike Hinsen.

Auf der Internetseite des Netzwerks Wirtschaft und Familie finden interessierte Firmen, aber auch Arbeitnehmer zahlreiche Informationen zu dem Thema. „Auch Beispiele dafür“, erklärt Heike Hinsen, die als Vertreterin der Stadt Krefeld Teil des Netzwerks ist. Gemeinsam mit der WfG, der Unternehmerschaft Niederrhein, der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter Krefeld, der Sparkasse Krefeld und der SWK Stadtwerke Krefeld AG hat sie im Jahr 2014 dabei geholfen, das Netzwerk ins Leben zu rufen.

Wettbewerb für Mittelstand
und Kleinunternehmen ausgelobt

Um das Thema Familienfreundlichkeit in das Bewusstsein der Krefelder Unternehmer zu heben, ist damals zum ersten Mal der Wettbewerb Familienfreundliche Unternehmen durchgeführt worden. Alle zwei Jahre findet dieser seither statt. Bereits jetzt können sich für 2019 Betriebe mit Standort in Krefeld und einer Betriebsgröße bis zu maximal 500 Beschäftigten, die bereits jetzt Familienfreundlichkeit praktizieren, dafür bewerben. Die Sparkasse Krefeld und die SWK Stadtwerke Krefeld AG loben wieder für die drei bestplatzierten Unternehmen in den Kategorien „Kleinunternehmen“ und „Mittelstand“ ein Preisgeld von insgesamt 10 000 Euro aus. Die Prämierung der Gewinner ist für Ende des kommenden Jahres vorgesehen.

Unter den Gewinnern der vergangenen Jahre sind Firmen wie Alberdingh Boley, Bönders Spedition, Barma, Primagas, Sonic und Haus und Grund. Im Rahmen dieser kleinen Serie werden demnächst in der WZ zwei von ihnen näher vorgestellt.