Gemütlich wohnen in alten Mauern

Hannelore Menke lebt in einem Haus, das ihr Opa Karl Buschhüter 1910 für seine Mutter errichtete.

Krefeld. Der einzige "Mann" im Haus bewacht den Treppenaufgang. Ziemlich genau 100Jahre hat der kleine, geschnitzte Junge mit der Blume in der Hand auf dem Buckel. "Eigentlich haben hier immer nur Frauen gewohnt", sagt Hannelore Menke. Dazu passt, dass ihr Großvater, der bekannte Krefelder Architekt Karl Buschhüter, das Haus an der Moerser Landstraße 18 in Verberg 1910 für seine Mutter errichtete.

Verändert hat sich seitdem nicht viel. "Es ist das einzige Buschhüterhaus, das noch im Originalzustand ist", sagt Menke stolz. Und es ist das kleinste. Auf knapp über 90 Quadratmetern hat es sich die 59-Jährige heimelig gemacht. Im Esszimmer, dass früher das Wohnzimmer war, schnurrt ihre Katze auf der gemütlichen Bank. "Man fühlt sich hier einfach geborgen", sagt Menke und schmunzelt. "Meine Tochter wollte hier nicht einziehen. ’Ich zieh’ doch nicht ins Museum’, hat sie gesagt."

Menke, die in einem Wohnheim der Lebenshilfe arbeitet, störte das nicht. Schließlich wollte sie nach dem Tod ihrer Tante das Haus unbedingt im Familienbesitz halten. "Ich kannte es noch aus Kindertagen. Mein Großvater starb, als ich sechs war."Die Treppe knarrt und ächzt, wenn die Hausherrin Besucher nach oben führt. "Das gehört einfach dazu."

Menke zeigt auf ein paar Schrammen im Boden. "Die stammen noch von den Webstühlen, die es hier früher gab." Die kleinen Zimmer machen das Haus urig. Alles wirkt verwinkelt und trotzdem gut geplant. Ins Esszimmer etwa fällt das Sonnenlicht so herein, dass es gleichzeitig auch noch die Küche ausleuchtet. "Das macht der Glasschrank als Raumteiler", erklärt Menke.

Im ganzen Haus gibt es ausschließlich Schiebefenster. "Das ist einfach praktischer." Wobei beim Thema Fenster Menke nicht verhehlen kann, dass das Leben in einem Denkmal auch Nachteile hat. "Es zieht", sagt die Bewohnerin. Derzeit laufen Gespräche mit der Stadt, was eine Renovierung angeht. "Man muss da einen Kompromiss finden."

Neulich, erzählt sie, habe eine Klasse der Montessori-Schule vor der Gartenpforte gestanden. Als Menke mitbekam, dass eine der Schülerinnen ein Referat über Karl Buschhüter hielt, lud sie die Klasse spontan ein. "Im Gänsemarsch sind die dann durchs Haus." Auch die VHS habe regelmäßig Führungen dort veranstaltet.

Zum Haus gehört auch ein großer Garten. "Den hat mein Großvater mitgeplant. Haus und Garten gehörten für ihn immer zusammen." Hühner und Gänse haben die Bewohner dort gehalten. "Karl Buschhüter wollte, dass man hier autark lebt."

Ursprünglich war das Haus sogar noch kleiner. In den 1930er-Jahren kam allerdings ein Anbau dazu, der später aber so marode wurde, dass er 1985 neu gebaut wurde. "Das geschah aber nach alten Originalplänen", betont Hannelore Menke, die jetzt ihr Wohnzimmer dort hat. "Schauen Sie hier. Man hat sogar Holznägel verwendet. Das ist sonst ja gar nicht mehr üblich." Für sie ist das Wohnen in einem Denkmal ein Traum. "Ich würde nie mehr tauschen wollen."