Wissenschaft Damit für die Online-Bestellung alles sitzt

Krefeld · Der Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein arbeitet an einem virtuellen 3D-Fittingsystem – um Retouren zu vermeiden

 Professor Michael Ernst im Gespräch mit einer Studentin. Im Hintergrund die technische Darstellung zur automatischen Erfassung und passgenauen Visualisierung der Körperparameter.

Professor Michael Ernst im Gespräch mit einer Studentin. Im Hintergrund die technische Darstellung zur automatischen Erfassung und passgenauen Visualisierung der Körperparameter.

Foto: wz/Carlos Albuquerque

Wer regelmäßig Mode im Internet bestellt, kennt das Problem: Die eine Jeans sitzt zu eng, die andere ist zu weit, das Kleid fällt nicht wie gewünscht. Und schon wird alles wieder in den Karton gepackt und zurückgeschickt. „Diese Retouren belasten nicht nur unsere Umwelt, sondern führen auch zu hohen Kosten bei den Bekleidungsherstellern“, sagt Dorothee Güntzel vom Fachbereich Textil- und Bekleidungstechnik der Hochschule Niederrhein. „Zumal sich die Kunden klarmachen müssen, dass die meisten Textilhändler die Retouren vernichten. Das alles ist also keinesfalls im Sinne der Nachhaltigkeit.“

Daran möchte das Forscherteam um Professor Dr. Michael Ernst und Dorothee Güntzel etwas ändern. „Entwicklung eines Innovativen digitalen Fittingsystems zur vollautomatischen Erfassung und passgenauen Visualisierung der Körperparameter zur Reduzierung der Anzahl der Warenrücksendungen in der Textil- und Bekleidungsindustrie“ heißt das vierte Projekt in Kooperation mit der Firma Bianca Moden, in dem es darum geht, wie online bestellende Kunden Mode auswählen können, die passt.

„Durch die hohen Retourenquoten haben die Modeunternehmen keine Kaufabschlüsse und tragen die Versandkosten. Ein bestelltes Kleidungsstück muss möglichst optimal passen – und online möglichst realitätsnah abgebildet werden“, sagt Michael Ernst. Die Wissenschaftler schauen zunächst, wie man genaue Daten über die Körperformen der Kunden erhält. „Das Problem ist, dass Kollektionen für den Massenmarkt gemacht werden. Ein Kleidungstück in Größe 38 sitzt bei zehn verschiedenen Frauen völlig unterschiedlich.“ Sollten die Kunden deshalb zu Hause selbst ihren Körper vermessen und die Werte online eintragen? Kann man aus Fotos realistische Konfektionsdaten auslesen? Oder muss ein ganz neues System zur Maßerfassung entwickelt werden?

Anschließend soll die Mode online für den Kunden individueller präsentiert werden. Michael Ernst denkt an einen Avatar, der der Bestellerin oder dem Besteller ähnlich sieht, gegebenenfalls sogar ihr oder sein Gesicht trägt, die gleichen Maße hat.

Das System könnte Kunden auch Kleidungsstücke vorschlagen

„Den könnte man sogar durch verschiedene Szenarien laufen lassen, etwa durch die Stadt“, sagt er. „Weiter gedacht könnten solche Systeme den Kunden Kleidungsstücke vorschlagen, die besonders gut zu ihrer Körperform passen“, ergänzt Dorothee Güntzel.

Verwirklicht wird das Projekt mit der Firma Bianca Moden mit Sitz in Ochtrup/Westfalen. Das Familienunternehmen zeichnet sich laut Hochschule dadurch aus, dass vom Entwurf bis zum Vertrieb alles in einer Hand bleibt. Die Hochschule Niederrhein hat bereits drei Projekte mit Bianca Moden realisiert. „Bianca IV“ wird durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM) mit rund 187 000 Euro über zwei Jahre gefördert. Red