Hochschule Niederrhein: Zitronenfrisch und allergen
An der Hochschule Niederrhein werden Zusatzstoffe in Kosmetika untersucht.
Krefeld. Es hört sich an wie eine Liste aus der Giftküche: Sodium Dihydroxycetyl, Tocopheryl Acetate, Allantoin und so weiter. Was dem Otto-Normalverbraucher die Fragezeichen ins Gesicht treibt, können Professor Dr. Andrea Wanninger und ihre Studenten der Hochschule Niederrhein schnell entschlüsseln. Sie haben sich in den letzten beiden Semestern intensiv mit Kosmetika, Wasch- und Reinigungsmitteln beschäftigt, insbesondere mit den Duft-, und Farbstoffen sowie den Konservierungsmitteln darin.
„Es hat mich überrascht, in wie vielen Produkten allergene Duftstoffe enthalten sind“, berichtet Tim Rudolph, der sich mit zwei weiteren Kommilitonen diesem Themenkomplex gewidmet hat. Wenn er nun ein Produkt kaufe, schaue er schon genauer hin. Doch: „Ganz auf allergene Duftstoffe kann die Industrie heute nicht verzichten.“
Schließlich sei gerade auch der Duft ein Verkaufsargument. „Wir haben mit 40 Leuten einen Riechtest gemacht“, erklärt Rudolph. Die unparfümierte Vari-ante sei dabei zwar kein Ladenhüter gewesen, doch deutlich mehr gaben den duftenden Produkten den Vorzug. „Vor allem die Männer entschieden sich für eine höhere Konzentration“, resümiert Rudolph erstaunt.
Wer weiß, auf welche Stoffe er allergisch reagiert, kann sich dennoch schützen, sollte dafür aber eine Lupe bei der Hand haben. Nicht nur Professor Wanninger muss die Augen zusammenkneifen, um die winzige Inhaltsliste auf einem Produkt zu entziffern. 26 der bekannten allergenen Duftstoffe müssen hier angegeben werden, sofern sie enthalten sind.
Sogenannte Naturkosmetik sei übrigens kein Garant dafür, dass es für Allergiker keine Probleme gebe. Nicht zuletzt natürliche Duftstoffe können ebenfalls unerwünschte Reaktionen auslösen. So ist zum Beispiel Limonen ein Naturstoff, der etwa in Zitronen oder Baldrian vorkommt, und sich trotzdem auf der Allergieliste wiederfindet. In Cremes sei die Konzentration von Duftstoffen allerdings sehr gering, sagt Rudolph, insbesondere in Waren mit „Euroblume“ oder Sensitiv-Kosmetik. Wanninger rät, das Produkt im Zweifel 24 Stunden in der Armbeuge zu testen. „Das ist eine empfindliche Hautregion.“
Ein weiteres Studienobjekt waren die Farbstoffe. „Für mich war die Erkenntnis verblüffend, dass sie oft keine Funktion etwa für den Reinigungseffekt haben“, berichtet Rudolph. Da zähle vor allem auch die verkaufsfördernde Wirkung. Ein zitronenfrisch gelblich-grünes Reinigungsmittel setzt sich wohl einfach besser ab. In Kosmetika seien aber auch die Farbstoffe deklarationspflichtig.
Bleiben noch die Konservierungsmittel. Hier gebe es eine gegenläufige Bewegung, sagt Wanninger. In der Naturkosmetik gebe es einerseits einen Trend zu verderblichen Inhaltsstoffen, andererseits wolle man weniger Konservierungsstoffe. „Das ist, als wolle man ein Auto ohne Räder fahren“, sieht die Professorin die Entwicklung kritisch. Schließlich seien auch verdorbene Cremes, die verkeimt und schimmelig sein können, schlimm für die Haut. Manche sogenannten konservierungsmittelfreien Produkte enthielten zudem andere Substanzen mit konservierendem Effekt, komplexe Naturstoffe, die ebenfalls Allergiepotenzial haben. Wanninger resümiert daher gelassen: „Alles, was auf unserem Planeten besteht, ist eben Chemie.“