Soziales Im Sozialamt fehlt Personal
Der Vorschuss für säumigen Unterhalt soll länger gezahlt werden. Die Verwaltung rechnet mit doppelt so vielen Anträgen Alleinerziehender. Stadtmitarbeiter bittet im Namen der Kollegen um Hilfe.
Krefeld. Lange haben Alleinerziehende dafür gekämpft, dass der Unterhaltsvorschuss länger als bis zum zwölften Lebensjahr des Kindes gezahlt und die Bezugsdauer von maximal 72 Monaten aufgehoben wird. Der Bund hat der Reform des Unterhaltszuschusses von Bundesfamilienministerin Schwesig in der vergangenen Woche zugestimmt. Danach haben voraussichtlich ab Januar Kinder von Alleinerziehenden, bei denen ein Elternteil keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt zahlt, bis zum 18. Lebensjahr Anspruch auf den Unterhaltsvorschuss. Die Anträge bearbeitet der Fachbereich Soziales der Stadt. Doch für den zu erwartenden Anstieg fehlt derzeit in der Verwaltung das Personal.
In einem Brief an die WZ meldet sich ein Stadt-Mitarbeiter zu Wort, der angesichts der zu erwartenden zusätzlichen Aufgaben in Namen der Kollegen um Hilfe bittet. Wegen der Zahl der zugewiesenen Flüchtlinge in den vergangenen Monaten habe die Verwaltung zwar zusätzlich Personal in die entsprechenden Abteilungen versetzt. „Nun ist die Personalreserve aber leer“, beschreibt der nicht genannt werden wollende Brief-Schreiber. Mit Weinerlichkeit habe das nichts zu tun, betont er.
Auch überregional hat der Städte- und Gemeindebund bereits reagiert. Hauptgeschäftsführer Gerad Landsberg betont: „Bis zum 1. Januar schaffen wir das mit dem Personal nicht. Das sind zig Stellen zusätzlich.“
Die Stadt Krefeld bestätigt das. Auf die Frage, ob in der hiesigen Verwaltung genügend Mitarbeiter zur Verfügung stehen, um diese zusätzliche Arbeit zeitnah zu bewältigen, antwortet Pressesprecherin Irene Ehlers kurz und knapp mit „Nein“. „Die personelle Situation ist sehr angespannt“, ergänzt Wolfram Gottschalk. Der Fachbereichsleiter für Soziales, Senioren und Wohnen rechnet mit einer Steigerung der Unterhaltsvorschussfälle um 110 Prozent. Dies würde die Zahl der berechtigten Kinder in Krefeld auf rund 4000 steigen lassen. Im vergangenen November ist die Stadt Krefeld für 1891 Kinder in Vorleistung getreten. Zu 95 Prozent sind die alleinerziehenden Antragssteller Frauen.
Auch der Deutsche Städtetag fordert deshalb, dass das Gesetz nicht schon am 1. Januar 2017 in Kraft tritt. Die von zwölf auf nunmehr 18 Jahre angehobene Altersgrenze und der längere Leistungsbezug seien weder personell noch organisatorisch so kurzfristig umsetzbar. „Verwaltung muss bei der Aufgabenbewältigung flexibler sein“, wirbt Gottschalk und schlägt vor, dass auch auf dem freien Arbeitsmarkt nach neuem Personal gesucht wird, anstatt nur innerhalb der Verwaltung.
Anfang der 90er Jahre hatte es aufgrund der angespannten Personalsituation schon einmal einen lautstarken Hilferuf der Mitarbeiter aus dem Sozial- und Jugendbereich gegeben. Zahlreiche stellen waren damals aufgrund von Krankheitsfällen in folge von arbeitsüberlastung vakant. Die Verwaltung hatte reagiert, eine Bestandsanalyse in Auftrag gegeben und nach den Empfehlungen neue Organisations- und Arbeitsstrukturen in den Fachbereichen geschaffen. Nicht nur die personelle Situation ist für die Kommunen eine Herausforderung. „Auch die Finanzierung der zusätzlichen Leistungen ist noch nicht geklärt. Bisher müssen die Kommunen in NRW 53,3 Prozent des Unterhaltsvorschusses aus kommunalen Mitteln finanzieren. Darüber hinaus haben sie sämtliche Personal- und Sachkosten zu 100 Prozent zu tragen, auch für die Eintreibung der Forderungen gegenüber den Unterhaltspflichtigen“, erklärt Irene Ehlers.
Bisher konnten von der Stadt rund 20 Prozent der Unterhaltsforderungen bei dem säumigen Elternteil eingenommen werden. Bei einer künftigen möglichen Verdopplung der Fälle sollte entsprechend auch die Erfolgsquote steigen.
Während ein kleiner Teil der Alleinerziehenden mit der Erweiterung des Anspruches zufrieden sei, haben jedoch die meisten Frauen laut Gottschalk nichts davon. „Ähnlich wie im Bundesdurchschnitt, erhalten in Krefeld zirka 88 Prozent der Empfängerinnen gleichzeitig auch Hartz IV-Leistungen und der Unterhaltsvorschuss wird zu 100 Prozent darauf angerechnet.“ Sie haben keinen Cent mehr. Der Paritätische Wohlfahrtsverband fordert deshalb Freibeträge für Alleinerziehende.