Justizpanne: Fax kam aus Telefonladen
Der Ausbrecher hatte bis zu sieben Stunden Zeit für seine Flucht aus dem Gefängnis. Die Gefängnischefin Katja Grafweg muss zurzeit keine Konsequenzen fürchten.
Krefeld. Ausbrecher Rahim Direkci hält sich vermutlich noch in Deutschland auf. Das Fax, das er am 16. Oktober um 22.21 Uhr an die Staatsanwaltschaft schickte und über das die WZ exklusiv berichtete, sendete er aus einem Call-Shop. Das sagte NRW-Justizministerin Roswitha Müller-Piepenkötter bei einer Sondersitzung des Rechtsausschusses im Landtag. Die Fax-Kennung auf der handschriftlichen verfassten Notiz führte die Ermittler zu dem Telefonladen, zu dem die Ministerin keine näheren Angaben machen wollte. Nur so viel: "Er ist in Deutschland." Eine Mitarbeiterin erkannte Direkci auf einem Foto.
Nachdem sich die Staatsanwaltschaft zwei Wochen lang in Schweigen gehüllt hat und auch weiterhin keine Angaben macht, nannte die Ministerin gestern erstmals Details aus den Ermittlungen seit dem 12. Oktober. An diesem Abend war der zu sieben Jahren Haft verurteilte 38-Jährige aus dem Untersuchungsgefängnis an der Nordstraße getürmt.
Demnach hatte Direkci bis zu sieben Stunden Zeit für seine Flucht: Um 18 Uhr verließ er seine besonders gesicherte Stahlzelle, die eine Außenwandverstärkung und Manganvergitterung hat. Erst um 1 Uhr traf die um 0.20 Uhr alarmierte Polizei ein. Zuvor waren Deckenverkleidungen in den Fluren entfernt, Mülltonnen entleert, Schränke geöffnet worden.
"Die Ermittlungen haben eine Reihe von Erkenntnissen erbracht, aus denen sich weitere Ermittlungsansätze ergeben können", sagte die Ministerin. Verlässliche Aussagen zu den Umständen der Flucht gebe es aber noch nicht.
Beim Umschluss waren nach Angaben Müller-Piepenkötters 15 Zellen gleichzeitig geöffnet worden. "Diese Handhabung ist grundsätzlich zulässig", betonte sie. Bei welchem Mithäftling sich Gefangene dann einschließen lassen, müsse aber dokumentiert werden. "Das muss den Beamten stets klar sein", sagte die Ministerin. Als Konsequenz werden Zellen nun nur noch einzeln geöffnet.
Gerade weil die Art der Flucht noch völlig unklar ist, wird gegen die vier Bediensteten ermittelt, die zu diesem Zeitpunkt Dienst hatten. Deren Wohnungen waren zwei Tage, nachdem Direkci getürmt war, durchsucht worden. Zwei der Männer haben sich zum Vorwurf der Gefangenenbefreiung geäußert, zwei weitere schalteten zunächst Anwälte ein.
Personelle Konsequenzen bei der Gefängnisleitung schloss die Ministerin aufgrund der laufenden Ermittlungen gestern aus.