Hüls: Neue Heimat für Vertriebene

Gemeinschaft Lerchenstraße feiert ihr 50-jähriges Bestehen.

Krefeld. "Obwohl mehr als 60 Jahre vergangen sind, klingt ihre Stimme, als wäre sie noch verwundet. Ihre Augen füllen sich mehrfach mit Tränen, wenn sie zurückdenkt an die Zeit, die eigentlich in einem Menschenleben als die schönste gilt - die Jugend."

Die Journalistin Lia Kuckert beschreibt die Lebensgeschichte ihrer Nachbarin an der so genannten "alten" Lerchenstraße. "Sie fand, vertrieben aus der deutschen Enklave Schönhengstgau im tschechischen Land, in Hüls eine neue Heimat. Mit ihr haben sich dort Menschen aus Ost- und Westpreußen, Rumänien und dem Sudentenland eingefunden", sagt Kuckert. Sie hatten stets einen guten Zusammenhalt, der bis heute Bestand hat. Die Gemeinschaft Lerchenstraße gibt es jetzt 50 Jahre. Ein Grund zum Feiern und zum Rückblick.

Die Journalistin hat alle älteren Nachbarn befragt und ihre bewegenden Aussagen mit Fotos und Karten gemeinsam mit Hans Hinkes, der die Gestaltung übernahm, zu einem Heft zusammengestellt, einem Dokument lebendiger Zeitgeschichte. "Die Lebensläufe sind faszinierend, es ist spannend, was die Leute mitgemacht und erlebt haben", hat die Journalistin erfahren: "Es ist ein aktuelles Thema. Gerade heute spricht man darüber." Alle haben bereitwillig Auskunft erteilt. Die Stimmung ist prima an der "alten" Lerchenstraße. Zu den neu hinzugezogenen jungen Familien besteht ein guter Kontakt.

Es ist eine KAB-Siedlung, in die die Flüchtlinge damals zogen. Die Mitglieder der Katholischen Arbeitnehmer Bewegung sehen es als ihre Aufgabe an, "durch Lebenshilfe und Bildungsarbeit die Arbeitnehmerschaft für ihre gestaltende Aufgabe in Kirche, Staat und Gesellschaft zu befähigen und die Arbeitnehmerschaft zu gegenseitiger Hilfe und gemeinsamer Aktion aus christlicher Verantwortung anzuregen", zitiert Kuckert. "Es war so erniedrigend", ist die Schrift zum Jubiläum überschrieben. "Es sind keine schönen Geschichten, die passierten."

Stets wird gemeinsam gefeiert, die Familienfeste und jetzt auch das Jubiläum. Es startet am Samstag um 11 Uhr mit einem ökumenischen Friedensgottesdienst für die vom Krieg gezeichneten und vertriebenen Menschen. Danach geht es mit Festmahl und Videovorführung weiter. Alles findet in der Ökumenischen Begegnungsstätte an der Leuther Straße 19 statt.