Kirche: „Viel Ratlosigkeit und Frustration“
Erneuerungsprozesse sind wichtig, doch wie geht man sie am Besten an? Das wollte der Aachener Bischof Helmut Dieser bei einem „Meet & Eat“ im Stadtwaldhaus mit Mitgliedern der Krefelder Kirchen besprechen.
Wie kommt man mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch? Am besten mit Essen, hat sich Helmut Dieser, seines Zeichens Bischof von Aachen, gedacht und kurzerhand zu einem „Meet & Eat“ in das Stadtwaldhaus eingeladen. 160 Karten gab es hierfür — und die waren ziemlich schnell vergriffen.
Die Besucher sagen, dass sie neugierig auf den Würdenträger sind, dass sie ihn kennen lernen möchten. Dass sie aber auch viele Fragen und vielleicht auch Sorgen haben, wie der vom Bischof angekündigte Erneuerungsprozess im Bistum durchgeführt werden soll. Oft gestellte Fragen: „Wie stellt er sich die Gemeindearbeit dann bei uns vor? Werden wir dabei mitgenommen?“ Es sind fast durchweg Ehrenamtliche von Krefelder Kirchen, die sich an den weiß gedeckten Tafeln bei Vorspeisen und Poulardenbrüstchen in Mandel-Honigsoße eingefunden haben.
Sie müssen ein wenig Geduld haben, denn der Bischof steht im Stau. Dennoch empfängt ihn beim Betreten des Saales viel Applaus. Mit seinen Begrüßungsworten hat er die Krefelder schnell auf seiner Seite. Er erklärt, dass Krefeld „seine erste Liebe“, da ihn der erste Antrittsbesuch hierher führte und er auch Steckenpferd-Ritter geworden sei. Dieser geht von Tisch zu Tisch, um mit allen Gästen im Zehn-Minuten-Takt zu essen und ins Gespräch zu kommen. Der Wille ist da, aber die Zeit ist knapp bemessen.
Schon bei der ersten Gesprächsrunde überzieht er und bleibt eine Viertelstunde sitzen. Cyrill Janssen, Koordinator im Vorstand des Kirchengemeindeverbandes Krefeld-Mitte, fragt: „Viele Veränderungen stehen an. Wie sieht der Dialog aus? Die Strukturen in Krefeld sind mir ans Herz gewachsen.“
Martin Peters, Pfarreirat-Vorsitzender der Pfarre Heiligste Dreifaltigkeit, sagt: „Ich möchte Infos aus erster Hand über den anstehenden Prozess. Der Bischof möchte mit uns ins Gespräch kommen und ich mit ihm.“ Volker Matter, künftig zuständig in der Verwaltung der Grabeskirche, findet: „Dass wir eine Verjüngung und Veränderung haben müssen, ist unumstritten. Wie soll das geschehen? Die Leute haben Angst, nicht zu erfahren, wo es hingeht. Wird mehr auf Priestermodelle gesetzt, bekommen wir Ehrenamtlichen weniger Entscheidungskompetenz? Wir müssen vor allem wegkommen von den Strukturdebatten.“
Der Bischof gibt Denkanstöße, Themen, die es zu bearbeiten gilt: „Wie geht es weiter, wenn die Priester älter und weniger werden, wie das gottesdienstliche Leben?“, fragt er. „Wie werden wir künftig die Botschaft Gottes hören? Das kirchliche Leben spielt nicht nur um den Kirchturm herum. Wir können auch an besonderen Orten wie Kitas authentisch sein. Junge Menschen sehen ihren Platz in der Kirche nicht.“ Dieser erklärt, dass als erstes die Inhalte gestaltet werden müssten, aber ohne Strukturen, um das Neue zu bauen, werde es nicht gehen. Er sagt wiederholt, dass er sich darauf freue, mit möglichst vielen Menschen ins Gespräch zu kommen, um zu erfahren, was sie im Leben und im Glauben bewegt, wie Kirche ihrer Meinung nach sein soll und wie Kirche sich verändern muss, um für die Menschen attraktiv zu sein. „Es gibt viel Ratlosigkeit und Frustration. Wir müssen uns davon befreien, uns mit Dingen abzugeben, die ihre Zeit hinter sich haben. Neue müssen gemeinsam gefunden werden.“