Empfehlungen der Krefelder WZ-Redaktion Fünf Buchtipps für den Sommer

Krefeld · Verreisen – das ist in diesen Sommerferien wegen der Corona-Pandemie nicht so einfach wie sonst. Aber Lesen kann man zum Glück überall - unsere Redaktion hat eine Auswahl an Ferienlektüre zusammengestellt.

In diesem Sommer ist das Verreisen nicht ganz so einfach — für die Zeit, ob zuhause oder nicht empfehlen die Redakteure der WZ jeweils einen Buchtipp.

Foto: picture alliance / dpa/Daniel Bockwoldt

Verreisen – das ist in diesen Sommerferien wegen der Corona-Pandemie nicht so einfach wie sonst. Aber Lesen kann man zum Glück überall und bei jedem Wetter. Im Ferienhaus oder im Hotel, zu Hause, im Schwimmbad, am Strand, im Garten oder im Bett. Wir haben für Sie eine Auswahl an Ferienlektüre zusammengestellt. Bücher, die wir in diesem Sommer gerne lesen. Krimis, Klassiker, Historisches und Lokalkolorit sind dabei. Viel Vergnügen beim Lesen!

Das Raunen und
Tuscheln der Wüste

Darum geht es: Es ist eine Reise. Gertrude Bell durchquerte 1905 als erste Europäerin allein die syrische Wüste begleitet von Maultiertreibern, einem Koch, einem Soldaten sowie einem einheimischen Führer. Sie trank mit Stammesfürsten in deren Zelt Kaffee, traf aufständische Drusen und dokumentierte archäologische Stätten. Das Buch beschreibt die Stationen von Jerusalem nach Antiochia. Und Gertrude Bell war nicht einfach eine Reisende. Sie wurde 1868 als Tochter des britischen Stahlmagnaten Thomas Hugh Bell geboren. Sie studierte in Oxford, lernte Arabisch, Persisch und Türkisch und begann ab 1892 den Orient zu bereisen. Bell wurde zur „Königin der Wüste“. „Miss Gertrude Bell weiß über die Araber und Arabien mehr, als praktisch jeder andere lebende Engländer oder auch Engländerin“, sagten selbst zeitgenössische Kritiker von ihr voller Respekt. Als Beraterin von Winston Churchill hatte sie eine Schlüsselrolle bei der Neuordnung des Nahen Ostens inne.

Darum ist das Buch lesenswert: Bell beschreibt mit viel Liebe und Empathie das Leben in der Wüste, die politischen Verhältnisse. Der Leser bekommt eine Idee von der Zeit damals, den Haltungen der politischen Spieler in der Region. Und er versteht ein kleines Stück besser, warum die Situation auch heute noch so verfahren ist. Dazu ist dieses Buch eine wunderbare Liebeserklärung an die Wüste, an ihre Farben, Gerüche, Geheimnisse. „In dieser Wüstendämmerung wach zu werden war, als würde man im Herzen eines Opals erwachen.“

Gertrude Bell, „Das Raunen und Tuscheln der Wüste“, Eine Reise durch das alte Syrien. Das Buch ist erschienen im Erdmann-Verlag, 307 Seiten, 24 Euro. (Annette Ludwig)

Der Teufel von New York

Darum geht es: New York 1845 — Timothy Wilde arbeitet als Barmann, hat sich ein bisschen Geld erspart und träumt davon, seiner Traumfrau bald einen Antrag zu machen. Doch dann zerstört ein verheerendes Feuer seinen gesamten Besitz, er selbst trägt eine Entstellung im Gesicht davon. Völlig verarmt und ohne Perspektive ergreift der Waise eher widerwillig die Gelegenheit, sich wie sein älterer Bruder Valentine der neu gegründeten Polizeitruppe der Stadt anzuschließen – ein zusammengewürfelter Haufen von Schlägertypen mit zweifelhaftem Ruf. Dem frisch ernannten Kupfersternträger läuft zufällig ein völlig verstörtes kleines Mädchen in die Arme, das ein blutdurchtränktes Nachthemd trägt – und nach und nach kommt er einer schrecklichen Geschichte auf die Spur, bei der es um Kinderprostitution und ein Massengrab mit 19 Mädchen und Jungen geht. Irische Katholiken werden zum Sündenbock gemacht, die politische Situation steht kurz vor der Explosion. Und auch sein Privatleben fliegt Timothy Wilde allmählich um die Ohren.

Darum ist es lesenwert: Der historische Kriminalroman ist außerordentlich fesselnd. Er entführt den Lesenden in eine Zeit, über die heute nur sehr wenig bekannt ist. Im New York der 1840er Jahre herrschen Gewalt, politische Willkür und eine schier unglaubliche Armut. Protestanten, Katholiken, Iren, Schwarze, Arme und Reiche – hier kämpft jeder gegen jeden, Skrupel kann sich kaum jemand leisten. Und mittendrin steht Timothy Wilde, der nicht nur ein Gewissen hat, sondern auch ein großes detektivische Gespür entwickelt und dabei merkt, wie wichtig die Aufgabe ist, die er übernommen hat.

Das Buch „Der Teufel von New York“ ist der Auftakt einer Trilogie um den Polizisten Timothy Wilde. Auch die beiden Fortsetzungen („Die Entführung der Delia Wright“ und „Das Feuer der Freiheit“) sind schon erschienen und gleichfalls sehr lesenswert.

Lyndsay Faye, „Der Teufel von New York“, Historischer Krimi, 480 Seiten, dtv, 9.95 Euro. (Werner Dohmen)

Auf dem Weg in die Moderne – Krefelder Architektur der 1920er-Jahre

Darum geht es: Krefeld ist reich an Architektur der 1920er-Jahre. Wer in den Sommerferien wegen der Corona-Einschränkungen nicht wie üblich verreisen kann, der könnte zu Fuß oder per Fahrrad die Stadt erkunden. Nicht nur das Bauhaus und die berühmten Bauten Mies van der Rohes an der Wilhelmshofallee und an der Girmesgath haben die einst berühmte und reiche Stadt aus Samt und Seide geprägt. Die sogenannte Moderne, die bereits vor dem 1. Weltkrieg einsetzte, ist bei den Siedlungsbauten ebenso zu entdecken wie bei Privathäusern oder öffentlichen Gebäuden. Neben van der Rohe und Lilly Reich oder Hans Poelzig (als einer der bedeutendsten Vertreter des Expressionismus, der für den Textilfabrikanten Fritz Steinert eine Villa an der Kliedbruchstraße baute) haben auch bekannte Krefelder Architekten wie August Biebricher, Karl Buschüter, Girmes & Oediger, Karl Dahmen oder Peter Frank ihre architektonischen Spuren im Stadtbild hinterlassen.

Darum ist es lesenswert: Wer neugierig geworden ist, dem ist das Buch „Auf dem Weg in die Moderne – Krefelder Architektur der 1920er-Jahre“ von Christoph Dautermann zu empfehlen. Der stellvertretende Leiter am Museum Burg Linn stellt akribisch und mit großer Kennerschaft zahlreiche Objekte dieser Epoche Krefelder Architektur in seinem 124 Seiten starken Buch vor. Das 17 mal 24 Zentimeter große Buch ziert auf dem Einband eine detailreiche Backstein-Fassade, die im „Stammland des Backsteinbaus“ schon vor dem 1. Weltkrieg eine Renaissance erlebte. Zahlreiche Farbfotografien im Buch machen es leicht, die jeweiligen Häuser im Stadtbild zu entdecken.

Das Buch ist 2014 erschienen im Pagina-Verlag (ISBN 978-3-944/46-12-6 ), 19,95 Euro. (Yvonne Brandt)

Der Zauberberg

Darum geht es: Der Hamburger Jüngling Hans Castorp, 23 Jahre alt, möchte seinen Vetter Joachim Ziemßen in einem Lungensanatorium bei Davos lediglich kurz besuchen. Eine Stippvisite in einer hochgelegenen sonderbar entrückten Welt sollte es werden – schlussendlich sollte der so gar nicht als Held taugende Protagonist von Thomas Manns großem Roman mehrere Jahre – sieben an der Zahl – „dort oben“ verbringen. Castorp trifft im Sanatorium Berghof auf eine ihn zunächst befremdende, später faszinierende und schließlich in eine fast transzendente Zwischenwelt mitziehende Sphäre. Eine Welt, in der Krankheit stilisiert wird, eine Welt, in der das Leben von immer wiederkehrenden Regeln beherrscht wird. Ein großes Tableau an Charakteren öffnet sich vor ihm und den Leser. Heitere Kranke, schwermütige Ärzte, liebestolle Nebenzimmerbewohner, Intellektuelle sowohl freigeistigen als auch streng gläubigen Schlags. Doch im Grunde dreht sich in diesem Bildungsroman aus 1924 vieles um die Zeit als Phänomen in all seinen Erscheinungen. Und dann doch auch um eine geheimnisvolle Liebe.

Darum ist es lesenswert: Thomas Mann ist immer lesenswert. Seine sehr genaue und bildhafte Sprache zieht den Leser in eine Atmosphäre, die zweifelsohne so heute kaum noch erlebbar ist. Doch wieso den Zauberberg jetzt lesen? Weil der Roman Zeit braucht und Ruhe – und in diesen Ferien dürften viele von uns genau das haben, wenngleich auch vielleicht unfreiwillig. Und noch ein Grund: Die Geschichte um Tod, Krankheit und deren künstlerische Aufarbeitung in einem Roman können auch uns heute helfen, vielleicht einiges was um uns passiert, mal aus einer anderen Perspektive zu betrachten. In der Fantasie entrückt auf die Höhen des Zauberbergs.

Thomas Mann „Der Zauberberg“, erschienen bei S. Fischer (ISBN: 9783103481280). 1008 Seiten, als Hardcover 22 Euro. (Christian Laki)

Tod und Teufel

Darum geht es: Köln im Jahr 1260: Jacop, ein Dieb und Herumtreiber, wird unfreiwillig Zeuge eines Mordes. Er sieht, wie eine düstere Gestalt den Kölner Dombaumeister vom Gerüst in den Tod stößt. Aber er selbst muss auch gesehen worden sein, denn jeder, dem Jacop davon erzählt, ist kurze Zeit später auch tot ...

Darum ist es lesenswert: „Tod und Teufel“ ist 1995 erschienen und das Schriftstellerdebüt von Frank Schätzing. Bis heute zählt der historische Krimi zu seinen stärksten Werken. Wer ganz viel über das mittelalterliche Köln und die Macht der Kirche erfahren möchte, sollte sich dieses Buch gönnen. Politik und Theologie gehen unheilvolle Allianzen ein. Die Recherchen des Autors über die wahren Begebenheiten verbinden sich auf geniale Weise mit Schätzings Erzählkraft. Sein Schreibstil ist wunderbar leicht, seine Schilderungen bilden das pralle Leben ab.

Frank Schätzing: „Tod und Teufel“, Goldmann-Taschenbuch, 509 Seiten, 11 Euro. (Rolf Eckers)