Comedy Frech und selbstbewusst im Einsatz für die Frauen

Krefeld · Carolin Kebekus spielte sich hemmungslos in die Herzen ihrer Fans – komisch und auch vulgär.

Carolin Kebekus brauchte bei ihrem Auftritt im Rahmen der Pussy-Nation-Tour 2019 in der Yayla Arena kein großes Bühnenbild. Zwei Großleinwände reichen ihr.

Foto: Mark Mocnik

Sie redet wie ein Wasserfall, provoziert, parodiert, verunsichert mit derben Sprüchen, bezieht vehement Stellung gegen rechtes Gedankengut und Engstirnigkeit und streitet drei Stunden lang für feministische Themen. Das Publikum in der ausverkauften Yayla Arena, das zu drei Vierteln aus – zumeist jüngeren – Frauen besteht, liegt der satirischen Komikerin aus Köln spätestens nach ihrem fast dreistündigen Auftritt zu Füßen. Ihr Erfolgsgeheimnis: Sie stärkt die Frauen mit ihrer offenen authentischen Art darin, selbstbewusst und selbstsicher durchs Leben zu gehen und selbstbestimmt zu handeln – gerade auch in sexuellen Fragen.

Dabei lotet sie die Grenzen über und unter der Gürtellinie aus. Kein noch so intimes Thema ist ihr heilig. So spricht sie wie selbstverständlich über die weibliche Regelblutung. „Wer traut sich schon, öffentlich nach einem Tampon zu fragen?“, spricht sie ein typisches Tabuthema an. Sie sagt von sich selbst, sie sei zum Leidwesen ihrer Mutter schon immer vulgär gewesen. Deshalb eckt sie gelegentlich an, handelt sich Shit­storms ein – bis hin zu Hassbotschaften im Netz.

Ihren Durchbruch schaffte die Komikerin einst mit einer satirischen Parodie auf Tokio-Hotel-Sänger Bill Kaulitz, dessen Fans sie wüst beschimpften. „Ich habe gelernt, damit zu leben und als Emanze bezeichnet zu werden, der man es nur mal richtig besorgen muss“, sagt sie und will streitbar bleiben. Auch in ihrem neuen Programm „Pussy Nation“ geht es deftig zu. So ist die Show erst ab 16 Jahren zugelassen. Doch ganz so schlimm war es dann doch nicht. „Der Bart beim Mann ist der Wonderbra bei der Frau: Nimmst du ihn weg – Reality.“

Mit „Pussy Nation“ habe Kebekus einen eigenen Staat für Frauen gegründet, in der es mehr Frauenrechte gibt. Ein Land, in dem der weibliche Körper nicht ungefragt von jedermann kommentiert werden darf – einschließlich Verbesserungsvorschlägen. Und in dem sich Frauen nicht selbst demütigen, um dubiose Ansprüche zu erfüllen. „Wie etwa beim Sugaring, dem Haarentfernen der Pussy“, gesteht die Komikerin offen schmerzhafte Selbsterfahrung und beklagt den heutigen Rasierwahn. Sie fragt: „Warum machst du das? Das ist doch gegen die Natur.“ Wenn schon, müsse das auch für den Mann gelten. Mit Vorteil für ihn: „Auf einer gemähten Wiese sieht ein Zwerg aus wie ein Riese“, zieht sie ihr lustiges Register und untermalt dies mit viel Mimik und parodistischen Einlagen. Da bedarf es keines großen Bühnenbildes. Lediglich zwei Großmonitore zeigen unablässig ihre ausdrucksstarken Gesten.

Die 39-Jährige scheut sich auch nicht, ihre „Winkearme“ als typische körperliche Schwachstellen des Bindegewebes von Frauen sichtbar zu schwenken. Das kommt gut an und macht sie glaubhaft. Ihre Fans applaudieren geradezu erleichtert über so viel Mut und Selbstbewusstsein, von denen einige gerne etwas mit nach Hause nehmen.

Zu ihrem Selbstverständnis gehört außerdem, dass sie nicht moralisiert, aber sich deutlich für Toleranz und Selbstbestimmtheit einsetzt. Aggressiv wird sie nur, wenn sie Rechtsauslegern mit großen Pfeilen den Weg aus der Arena weist, begleitet von viel Applaus. Nicht minder deutlich bezieht sie Stellung für Ärztinnen, denen wegen vermeintlicher Werbung für Abtreibungen Strafe droht. Und verdeutlicht den Unterschied zwischen Werbung und Information. Wieder Applaus.

So fliegen der Vorzeige-Frau der deutschen Comedy die Herzen zu – spätestens, als sie mit einer Ode an ein selbstbestimmtes Leben zum Schluss auch ihr musikalisches Talent beweist und die Themen des Abends noch einmal Revue passieren lässt.