Cowboys in Krefeld Der wilde Westen fängt am Forstwald an

Krefeld · Seit 40 Jahren steht im Süden Krefelds eine Westernstadt. Zwei Freizeit-Cowboys wollen die Tradition vor dem Aus retten.

Der Club Forest Ranch ist an der Oberbenrader Straße 30. Für Armin Jungnickel (von links) und Reiner Kürvers ist es mehr als nur ein Hobby.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Schwarzer Cowboyhut, Weste und braune Lederstiefel. So sitzt Reiner Kürvers auf einer Bierbank und trinkt Kaffee. Ihm gegenüber raucht sein Kumpel Armin Jungnickel Zigarillo. Hier, in Krefelds wildem Westen zwischen Oberbenrader Straße und Hückelsmaystraße, heißen sie Hank West und Hyks. „Für mich ist das kein Hobby, sondern Berufung“, sagt Kürvers.

Eine Berufung, die viel Zeit beansprucht. Seit einigen Monaten führt der 58-Jährige gemeinsam mit Jungnickel die „Forest Ranch Krefeld“ am Forstwald. Am Samstag feiern die Westernfans das vierzigjährige Bestehen der Anlage. Es ist ein Jubiläum in einer schwierigen Zeit. Als Kürvers vor eineinhalb Jahren Vorsitzender des Westernclubs wurde, stand der Verein vor dem Aus. Zwischen vielen Mitgliedern habe es Streit gegeben, sagt Kürvers. Die Gruppe sei überaltert gewesen — ohne Aussicht auf Neulinge. Hinzu kommt der Zustand der Ranch. Die Holzhütten waren feucht, die Stromleitung fragil. „Über Jahre ist daran nichts gemacht worden“, sagt Kürvers.

„Als es irgendwann durch das Dach des Saloons geregnet hat, dachten wir uns: Jetzt ist Schluss“, sagt Jungnickel. Seitdem sind die beiden Männer fast täglich da. Sie schrauben an der Mini-Stadt, die von dichten Hecken umgeben ist. Der Akkubohrer steht auf dem Tisch. Jungnickel, der jahrelang Ritter in Linn war, wechselte für das Projekt gar die Epoche und schulte zum Cowboy um. „Wir versuchen das hier zu retten“, sagt der 67-Jährige.

Kürvers stößt die Saloontüren auf. „Das ist das Herzstücks des Vereins“, sagt er. Der spärlich beleuchtete Raum ist mittlerweile einigermaßen brauchbar. Das Dach sei wieder dicht, sagt Kürvers, der früher unter anderem KfZ-Schlosser und Berufskraftfahrer war. Die meisten Arbeiten erledigt er mit seinem Kumpel selber.

 Auf den Barhockern an der Theke und der blauen Plüschbank an der Wand sollen in Zukunft wieder häufiger gemütliche Abende stattfinden. Kochen kann die Gruppe auf dem neuen Ceranfeld — ganze ohne Verbindung ins 21. Jahrhundert geht es eben nicht.

„Die Dinge müssen in Schuss sein, damit die Leute wiederkommen“, sagt Jungnickel.  Bis alle Hütten soweit sind, wird es noch dauern. Schließlich gibt es etliche weitere neben dem Saloon — unter anderem ein kleines Gefängnis und eine Kapelle, die tatsächlich geweiht ist. In manchen Räumen mufft es, die Bretter sind feucht und faulig. Die Sattlerei braucht ein neues Dach. Die rote Postkutsche ist eingeschlossen zwischen zwei Bäumen und den Stützpfeilern eines Vordachs. „Die müssten wir auch noch befreien“, sagt Kürvers und stöhnt. „Das ist wohl das letzte große Projekt, das ich in meinem Leben angehe.“

Alleine können Kürvers und Jungnickel das Ganze nicht bewältigen. Sie wollen den Verein öffnen. Kürzlich hätten Studierende der Fachhochschule Dortmund auf dem Gelände einen Film gedreht, sagt Kürvers. Zudem tauschen sich die Krefelder mit Gleichgesinnten aus Duisburg aus. Die organisierten an der Oberbenrader Straße bereits ein Western-Rollenspiel mit Gästen aus ganz Deutschland. Die Ruhrpott-Cowboys renovierten zudem den alten Pferdestall der Krefelder Ranch. Darin ist nun unter anderem ein historischer Bankschalter. Für die klammen Western-Leute aus Krefeld war das eine enorme Hilfe.

Trotz aller Herausforderungen kommen Kürvers und Jungnickel gerne her. Sie lachen und klopfen Sprüche, das wirkt ein bisschen wie John Wayne mit rheinischem Singsang. „Auch wenn es klingt wie eine Marlboro-Werbung: Das hier ist Abenteuer, Aufbruch und Freiheit“, sagt Kürvers und schiebt hinterher: „Hier können wir leben, wie wir es wollen.“ Das sei schon die Vorstellung der Gründer gewesen. Damals, vor 40 Jahren, vor allem inspiriert durch Karl Mays Winnetou, wollten Krefelder Fans das Lebensgefühl des wilden Westens in die Stadt holen. Zumindest die Grundidee hat die Jahrzehnte überdauert.