Sport Ein Rennen ohne Startschuss und Applaus sorgt für Begeisterung

Krefeld · Gehörlose freuten sich über einen eigenen Wettkampf beim 32. Triathlon am Elfrather See.

Eine der Disziplinen beim Covestro Triathlon am Elfrather See: Radfahren.

Foto: Andreas Bischof

Im Startbereich herrscht fast Stille, doch eigentlich wird hier gerade viel gesprochen. Hände gehen in die Luft, sie gestikulieren. Köpfe nicken. Man versteht sich. Die etwa 27 Aktiven unterhalten sich noch einmal vor dem Beginn des Triathlons. Ihres eigenen Dreikampfes am Elfrather See. Gebärdensprecherin Maren Schöler steht auf einer Parkbank und stimmt die Athleten auf das Rennen ein. Alle Augen sind auf sie gerichtet. Wichtige Informationen müssen da gegeben werden. Um welche Bojen wird geschwommen, was ist alles zu beachten. Denn das Problem für die Aktiven besteht darin, dass sie spätere akustische Anweisungen über die Lautsprecher nicht hören können. Sie sind taub.

Erstmals hat es in diesem Jahr einen eigenen Wettkampf für Gehörlose gegeben bei dieser 32. Auflage des Covestro-Triathlons, ehemals Bayer-Triathlon. Im vergangenen Jahr waren schon einige von ihnen dabei, gingen aber zusammen mit den anderen Teilnehmern an den Start. Das Besondere in diesem Jahr: Das Rennen hat als NRW-Meisterschaft stattgefunden. Ein großer Rahmen inmitten einer Veranstaltung mit 1300 Athleten in allen Alters- und Wettkampfklassen.

An der Strecke stehen Zuschauer und feuern die Schwimmer, Läufer und Radfahrer an. Der 44-jährige Thomas ist nach dem Zieleinlauf hocherfreut, lässt sich von Maren Schöler dolmetschen: „Die Atmosphäre ist sehr gut. Ich bin sehr beeindruckt. Es war ein schönes Gefühl und gut, dass wir alleine starten durften. Wir kommen als eine Gruppe ins Ziel. Man kennt viele Gesichter. Einmal im Jahr sieht man sich bei diesem Triathlon wieder.“ Christoph, 39, gefiel die Hitze zwar nicht, doch er sagt: „Wir hatten das Ziel, ins Ziel zu kommen. Das gibt dann auch noch einmal Kraft. Schade, dass der Wettkampf noch in den Ferien stattgefunden hat. So konnten viele andere nicht dabei sein.“ Es ist ein langer Tag für Maren Schöler. Die 27-Jährige, die beim SC Bayer Uerdingen in der Laufschule engagiert ist, ist eine gefragte Person an diesem Sonntag. 2016 lernte sie die Gebärdensprache. Sie ist die einzige Übersetzerin vor Ort, die während des Rennens immer wieder den Kontakt mit den Athleten sucht. In der Wechselzone, wo die Schwimmer nach 500 Metern aufs Rad steigen und nach weiteren 20 Kilometern im Sattel in die Laufschuhe steigen für die abschließenden fünf Kilometer, ist sie vor Ort, zeigt noch einmal, was nun zu beachten ist. Im Vorjahr bekam sie die Anfrage.

Mal buchstabiert sie,
mal verbildlicht sie

„Wir zeigen schon viel im Vorfeld. Es ist viel Visuelles“, sagt Schöler, eine Ehrenamtlerin. Mal buchstabiert sie, wenn sie gewisse Fachbegriffe nicht kennt, mal verbildlicht sie. Die Schilder entlang der Strecke sind extra vergrößert worden, für alle Sportler, aber vor allem auch für die Gehörlosen. „Dolmetscher sind sehr teuer. Es läuft also über das Ehrenamt. So etwas wird noch nicht finanziert. So weit ist es in Deutschland noch nicht. Es gibt nur wenige Dolmetscher“, sagt Schöler.

Akustische Signale entfallen für die Gehörlosen natürlich. Statt eines Startschusses wird eine Startklappe verwendet. Die Optik zählt. Geklatscht wird im Startbereich unter den Zuschauern nicht zur Anfeuerung. Die Hände werden gewunken. „Es ist eine schöne Sache, dass sie einen eigenen Wettkampf bekommen haben. Sie sind ja schließlich Menschen wie alle anderen auch“, sagt SSB-Vorsitzender Dieter Hofmann. Claus Schlechter von der Sportförderung von Covestro meint: „Eine tolle Sache, dass die Gehörlosen nun hier integriert sind. Es zeigt auch: Jeder kann hier mitmachen.“ Nach und nach kommen die Athleten ins Ziel am Regattasee. Die Besten besteigen die Bühne mit dem Siegerpodest. Doch irgendwie hat jeder von ihnen an diesem Sonntag eine Bühne betreten, heraus aus dem Schatten der anderen.