Audiodeskription Der Opern-Kommentator im Ohr

Das Theater Krefeld und Mönchengladbach bietet nun Audiodeskriptionen für Opern an. So wird Blinden und Sehbehinderten mithilfe einer App und Kopfhörern die Handlung und das auf der Bühne Sichtbare in Echtzeit akustisch beschrieben. Ein Beitrag zur Barrierefreiheit.

Conan Fidebrandt-Stracke (v.l.), Michael Magyar, Erich Nikolaus, Herbert Klother, Beate Pogorzelsky und Ulrike Aistleitner stellten das Angebot für Blinde und Sehbehinderte vor.

Foto: Andreas Bischof

Audiodeskription – hinter diesem Wort verbirgt sich für sehbehinderte und blinde Menschen etwas ganz Wunderbares; was man schon aus dem Fernsehen kennt. Eine Stimme beschreibt neben dem, was man an Dialogen und Geräuschen hören kann, auf möglichst prägnante zeitgleich bildhafte Weise, was man lediglich sehen kann. Wie sieht die Szenerie aus, wo befinden wir uns, wer ist dort zu sehen und was tun diese Menschen.

Audiodeskriptionen gibt es nun auch am Theater Krefeld und Mönchengladbach. Den Anfang – es ist Mozarts „Zauberflöte“ am 21. Dezember – macht das Haus in Krefeld mit ausgewählten dort gespielten Musiktheaterproduktionen. Mönchengladbach folgt; bei Sprechtheater indes muss man noch auf diese Neuerung verzichten – was aber nicht an mangelndem Willen des Hauses, sondern an der Machbarkeit liegt.

Denn, dass das Theater Besuchern die Möglichkeit bieten kann, akustisch mithilfe einer Stimme im Ohr beschrieben zu bekommen, was auf der Bühne passiert, ist mit erheblichem Aufwand verbunden. Und zusätzliche Gelder, um auf externe Dienstleister zurückzugreifen, standen dem Gemeinschaftstheater nicht zur Verfügung.

Der Mönchengladbacher
Erich Nikolaus hatte die Idee

Als der Blinde Erich Nikolaus aus Mönchengladbach, der zuvor immer zu den Häuser Gelsenkirchen und Bielefeld reisen musste, um in den Genuss einer Audiodeskription zu kommen, sich an das hiesige Theater mit dem Wunsch wandte, diesen Service für Barrierefreiheit auch am Niederrhein erleben zu können, wurde die Idee vom Haus gerne aufgegriffen.

Dies wäre indes alles nicht möglich gewesen, wenn sich einerseits nicht eine Sprecherin gefunden hätte, die live während der Vorstellung das Gesehene fachkundig für die Nutzer des Angebots beschreibt und andererseits bedarf es technischer Ausrüstung. Geschäftsführer Michael Magyar bezeichnet es als wahren Glücksfall, dass sich Musiktheaterdramaturgin Ulrike Aistleitner bereit erklärte, die Aufgabe der Sprecherin zu übernehmen. Sie kennt Produktionen und kann mit akribischer Vorbereitung während der Vorstellung freisprechend das Geschehen, die Bühnenbilder, die Handlung oder auch weitere lediglich sichtbare Besonderheiten den Nutzern näher bringen.

Eine Herausforderung, denn es geht um Timing, um das Bewusstsein dafür, wann es nötig, wann wichtig und wann unpassend ist, etwas zu sagen. Wann man die Musik allein wirken lassen sollte und wann Pausen entstehen, die man für ausführlichere Beschreibungen nutzen kann. Dabei soll all dies auch noch gut verständlich und unterhaltsam sein.

Doch ein weiterer Glücksfall ist, dass sich der Blinden- und Sehbehindertenverein Krefeld bereit erklärt hat, die Finanzierung der technischen Gerätschaften zu übernehmen. Beate Pogorzelsky und Herbert Klother aus dem Vereinsvorstand sind, wie Erich Nikolaus, schon lange begeisterte Theatergänger und freuen sich über das neue Angebot der Audiodeskription. „Man ist dadurch mehr im Geschehen, so wie ein Sehender“, sagt Pogorzelsky. Damit es soweit kommt, wurden zahllose Testdurchläufe benötigt, es wurde justiert ausprobiert, technisch wie inhaltlich experimentiert. Technisch funktioniert das Ganze so: Das live von der Sprecherin Gesprochene wird mittels W-Lan auf Mobiltelefone – das Haus stellt selbst zehn Telefone bereit, aber auch das eigene Gerät kann mitgebracht werden – übertragen, auf denen die Mobile-Connect-App von Sennheiser installiert sein muss.

Mit einer App auf dem Mobiltelefon
kommt man in den Operngenuss

Diese App fungiert wie ein Art Streaming-Dienst, durch das die Besucher die Beschreibungen in Echtzeit – je nach Smartphone-Modell mit ganz geringen Verzögerungen – hören können. Neben Kopfhörern, die gewährleisten, dass sich andere Besucher nicht gestört fühlen, besteht auch die Möglichkeit, eine Verbindung zu dafür geeigneten Hörgeräten kabellos herzustellen. Conan Fildebrandt-Stracke, von der Tonabteilung, hat mit seinen Kollegen so lange an den Feinheiten gefeilt, bis schließlich alles reibungslos funktionierte.

Doch bei der ersten Gelegenheit,  die Audiodeskription erleben zu können, gibt es weitere zusätzliche Angebote. Vor der Vorstellung können Blinde und Sehbehinderte zunächst unter anderem ausgewählte Kostüme der Inszenierung erfühlen und ertasten und werden durch die Dramaturgin in das Konzept der Inszenierung eingeführt. Durch eine technische Anweisung wird zudem gewährleistet, dass alles reibungslos funktioniert und die Einstellungen der Mobiltelefone stimmen. So möchte man vermeiden, dass während der Aufführung plötzlich eines der Handys sich ungewollt mit Geräuschen zu Wort meldet und andere Besucher stört. Empfohlen wird die App schon vorher auf dem Handy zu installieren und idealerweise eigene Kopfhörer mitzubringen.

Buchungen für „Die Zauberflöte“ mit Audiodeskription am Samstag, 21. Dezember, im Theater Krefeld nimmt Silke Wirtz vom Besucherservice des Theaters unter 02166/61 51 165 entgegen. Weitere Angebote mit diesem Service sind geplant, so etwa im Mai nächsten Jahres „Orpheus in der Unterwelt“.