Brauchtum Schmuddelwetter hält Nikolaus in Krefeld-Hüls nicht auf

Krefeld · Der 100 Jahre alte Brauch am Hülser Markt soll in Stein geschlagen werden. Am Dienstag verfolgten wieder hunderte Kinder und Familien das Schauspiel.

Der Nikolaus hat mit seinem Helfer Nikodemus die Kinder in Hüls beschenkt.

Foto: Andreas Bischof

Binnen Minuten füllt sich der Hülser Markt. Das Schmuddelwetter kann den Besuchern am Dienstagnachmittag nichts anhaben, die sich hier zu Hunderten versammeln rund um St. Cyriakus. Kinder stehen in der vordersten Reihe bis zum Absperrband, Eltern und andere Erwachsene dicht dahinter. Das Glockengeläut setzt ein, und alle Augenpaare sind nun auf die Kirchturmspitze gerichtet, auf dessen Plateau sie gleich erscheinen sollen: Der Nikolaus mit seinem Hülser Gehilfen Nikodemus sowie ihr Gegenspieler Zarras, eine Art Knecht Ruprecht, der das Böse verkörpert, unartige Kinder bestrafen in seiner schwarzen Kutte und dem maskierten Gesicht und sie zu gutem Benehmen ermahnen soll.

Nikolaus lässt an einem Seil Gaben vom Kirchturm herab

Gleich werden sie vom Kirchturm herabsteigen, so wie es schon seit vielen Jahren guter Brauch ist in Hüls. Doch zunächst lassen sie an einem Seil einen Sack voller Gaben herab zur wartenden Menge. Es dauert ein paar Momente, die Drei sind dort oben in etwa 60 Meter Höhe im Nieselregen schwer zu erkennen auf dem neugotischen Bauwerk. Doch einige Minuten später treten sie auch schon durch die Holztür unten am Markt. Die Musikkapelle KKG Nette Jonges setzt sofort ein: „Lasst uns froh und munter sein“, ist nun über den gesamten Platz zu hören. Da besteigen Nikolaus, Nikodemus und Zarras auch schon den offenen Wagen, der sie durch die Menschenmenge zuerst zum Rathaus, danach zu einer Senioreneinrichtung und abschließend zum Cäcilien-Hospital bringen wird. Währenddessen verteilen die Drei eifrig Weckmänner an die Kinder.

Die Veranstaltung ist ein Hülser Brauch. 1923 erschien der Nikolaus erstmalig auf dem Kirchturm, wie Chronisten in diesen Tagen festgehalten haben. Seit 1946 lässt er seinen Gabensack vom Plateau herunter. Die Kolpingsfamilie ermöglicht diese Tradition seit jeher. Bis auf ein Kriegsjahr und zwei Jahre in der Corona-Pandemie wurde dieses Spektakel in jedem Dezember aufgeführt. „Es ist eine feste Institution“, sagt Bodo Brands, Vorsitzender der Kolpingsfamilie. Die Hülser Eigenart wird gepflegt. Wohl nirgendwo sonst hat der Nikolaus den Helfer Nikodemus an seiner Seite. Eine Persönlichkeit, angeblich ein Pharisäer aus dem Umfeld Jesus`, über den selbst wenig bekannt ist, der biblisch gesehen in der Zeit vor 2000 Jahren lebte. Der Nikolaus als Bischof von Myra etwa 300 Jahre später. In Hüls hat man die beiden Figuren seit 1931 eigenwillig miteinander verbunden. „Der Nikolaus brauchte einen Helfer“, sagt Bodo Brands. Und wegen der Namensähnlichkeit habe man wohl den Mann im lilafarbenen Gewand dazugestellt. So richtig ergründet aber ist die Herkunft der Idee nicht. Seit 1999 imitiert Reinhard Bexkens den Nikolaus. Jörg Jäger schlüpft regelmäßig in die Rolle des Nikodemus`. Den bösen Zarras mimt Carina Draken.

Der Brauch soll alsbald verewigt werden. Der Hülser Tobias Stümges, Verleger und Lokalpolitiker (CDU), trat mit der Idee an die Kolpingsfamilie heran, um die Tradition für nachfolgende Generationen zu bewahren, wie es heißt. Eine Statue soll errichtet werden vor St. Cyriakus. Der Bildhauer Michael Franke, der bereits das St. Martin-Denkmal in Kempen in Stein geschlagen hat, wurde für das Anliegen gewonnen. Die Bau- und Umsetzungskosten sollen sich auf etwa 70 000 Euro belaufen. Stadt und Land würden Fördermittel zur Verfügung stellen, wie Bodo Brands schreibt. Der Restbetrag soll über private und betriebliche Sponsoren gewonnen werden. Auch die Hülser Bezirksvertretung sei mit im Boot und habe Haushaltsmittel versprochen, so der Vorsitzende. „Wenn eine Finanzierung bis Frühjahr 2024 gesichert ist, könnte das Denkmal bis zum Nikolausfest 2024 stehen“, teilt Brands mit. „Wir haben eine gute Resonanz erfahren“, sagt er auch über die Rückmeldungen aus der Bürgerschaft. Für die Zukunft, Schulen und Kindertagesstätten könne diese Statue eine Anlaufstelle werden. Auch, um den Heimatgedanken zu stärken und den Hülser Brauch ganzjährig sichtbar zu machen. Nikolaus und sein Helfer Nikodemus, dazu der Gegenspieler Zarras. „Es gibt Gutes und Böses, aber das Gute gewinnt einfach“, sagt Bodo Brands über das Schauspiel. Es ist also auch ein Stück Hoffnung, das hier in Stein gemeißelt werden soll.