Ausbildung im Tischlerhandwerk Nachttisch wird mit Holzschloss zum Tresor
Drei Tischler-Azubis sind im Berufskolleg Glockenspitz für die besten Werke des Projekts „In a Nutshell – kleine Möbel mit Pfiff“ ausgezeichnet worden.
„In a Nutshell – kleine Möbel mit Pfiff!“ So lautet das Thema, unter das die Tischlerinnung Krefeld und das Berufskolleg Glockenspitz in diesem Jahr ihre „Lernortkooperation“ gestellt haben. 16 angehende Gesellen der hiesigen Zunft waren angetreten, um ein besonders anspruchsvolles Projekt in kürzester Zeit (siehe Kasten) auf die Beine zu stellen.
„Das ist ein kleineres Gesellenstück“, sagt Tischlermeister Guido Bönniger, der mit dem Berufsschullehrer Michael Dammer und dessen Kollegin Eva Koch zu der Jury gehörte. „Wir fanden, dass das Thema, das ihr gestellt bekommen haben, sehr schwierig war. Das war etwas für kreative Köpfe“, ergänzt er bei der Auszeichnung am Freitagmorgen in einem Präsentationsraum der Schule.
Der Wettbewerb ist an der Berufsschule Glockenspitz immer zur Hälfte der Ausbildungszeit Tradition, wird aber nicht bewertet. „Wir wollen zeigen, was wir schon können – von Anfang bis Ende“, sagt Guido Bönniger, ehemaliger Innungsvorstand. Es geht also um die Idee, die Planung, die Ausführung und den Feinschliff.
Der „Taschenleerer Henry“ von Shkelqim Lici ist unschlagbar
Besonders kreativ war Shkelqim Lici. Er wohnt in Krefeld und absolviert seine Ausbildung bei der Schreinerei Wans. Und er ist schon 38 Jahre alt, weil er bereits eine lange berufliche Vorgeschichte hat. In seinem Heimatland Albanien, das er vor vier Jahren verließ, war er nach entsprechender Ausbildung elf Jahre Schneider. „Das ist Tradition in meiner Familie“, sagt der Azubi. „Aber jetzt ist der Beruf nicht mehr gefragt.“
Also sattelt der 38-Jährige um – wie einst sein Vater: „Er hat seine Ausbildung als Tischler gemacht, aber niemals in dem Beruf gearbeitet.“ Als Nachfahre will Shkelqim Lici das jetzt ändern und als erstes Familienmitglied im Tischlerberuf arbeiten.
Und sein Prüfungsstück zeigt, dass er auf einem guten Weg ist. Es handelt sich um einen „Taschenleerer“ mit dem Namen „Henry“. Handy, Armbanduhr, Geldbörse, Schlüssel – wohin damit aus der Jacke nach dem Arbeitstag bei der Ankunft zu Hause. Henry hilft und dient als zentrale Ablage, damit nicht alles in der Wohnung verstreut wird und später mühsam zusammengesucht werden muss. „Es ist eine gelungene Idee, perfekt gemacht, es gibt nichts daran zu verbessern“, sagt Bönniger im Namen der Jury über das Siegerstück. Ein bisschen gerührt nimmt Lici das Lob entgegen und freut sich riesig über die Platzierung.
Pfiffig: Der Couchtisch Whistle von Stefan Langenfurth
Auf dem zweiten Platz landet ein im wahrsten Wortsinn pfiffiges Objekt. Der Couchtisch Whistle von Stefan Langenfurth. Für seine Ausbildung bei der Tischlerei Thelen ist der 26-Jährige vor über einem Jahr von Duisburg nach Krefeld gezogen. Und als er das Thema „In a Nutshell – kleine Möbel mit Pfiff!“ am Freitag vor einer Woche erstmals vernahm, hat er sich den Kopf zerbrochen. „Ich hatte sofort 1000 Ideen und habe mich dadurch völlig verkrampft“, gibt er seine schwierige Suche nach der zündenden Idee wieder. Warum er dann doch den Geistesblitz hatte, weiß er selbst nicht.
Als die Jury ihn auf den zweiten Platz hebt, brandet Jubel unter den Lehrlingen auf und ein Kollege sagt: „Er hat den richtigen Pfiff ja voll getroffen.“ Eine Pfeife als Möbel, noch schmuck dazu, so dass schon Markreife von den Juroren attestiert wird: „Das kann in jede Wohnung.“ Einen Schönheitsfehler finden die Herren und die Dame dennoch. An einem Übergang hat die Pfeife einen Bruch, eine fiese Kante. Stefan Langenfurth sieht das ein, weist aber auf die Kürze der Zeit hin. Sehr aufwändig wäre es gewesen, die Kante abzurunden. „Aber dafür sind wir ja Tischler“, entgegnet Bönniger.
Der Nachtschrank als Tresor
von Sebastian Görres
Den dritten Platz holt sich der Hülser Auszubildende Sebastian Görres. Der 20-Jährige arbeitet im Betrieb der Tischlerei Legno. Und er mag es offensichtlich, moderne Arbeiten mit historischen Ideen zu verzieren. Und auch Gegenstände im Nachttisch zu hüten wie einen wertvollen Schatz. Nicht von Ungefähr kommt deshalb der Name für das Schlafzimmer-Möbelstück: Tresor. Das Schloss ist vollständig aus Eichenholz – auch der Schlüssel dafür im Großformat. „Ich habe das in einem Museum gesehen“, erinnert sich der Lehrling. Genau jene Details sind es, die ihn zu der Zunft gebracht haben und die er deshalb so schätzt. „Der Beruf macht auch deshalb so viel Spaß, weil man seine Ideen einbringen kann. Außerdem kann man mit verschiedenen Materialien arbeiten.“
Doch die gestrengen Juroren finden auch diesmal etwas. „Der Pfiff ist das Schloss“, lobt Guido Bönniger. „Aber wir empfinden als Nachteil, dass die Tür keinen Anschlag hat.“ Tatsächlich hat sie nach innen keinen Halt und klappt einige Zentimeter in das Gehäuse. „Außerdem hat der Nachtschrank keinen Sockel“, fügt der Tischlermeister hinzu.
Doch Sebastian Görres ist nicht nur pfiffig bei der Suche nach cleveren Ideen. Er ist auch schlagfertig. Denn eigentlich, so sagt er, habe er Rollen unter dem Schränkchen anbringen wollen. „Aber ich hatte die Befürchtung, dass der Schrank dann vom Präsentationstisch rollt.“ Bei so viel Pfiffigkeit fehlten dann auch den kritischen Jurymitgliedern die Worte.