Kommunalwahl 2020 Verwirrung um Zuschnitt der Wahlbezirke in Krefeld

Krefeld · Nach einem Urteil des Landesverfassungsgericht sind zwölf von 29 Krefelder Kommunalwahlkreisen entweder zu groß oder zu klein. Einige müssen wohl neu zugeschnitten werden.

 Für die Stadt Krefeld sind 29 Wahlkreise für die kommende Kommunalwahl festgelegt worden.

Foto: dpa, skm htf

Eigentlich schien schon alles klar zu sein: Am 12. Dezember legte der sogenannte Wahlausschuss in Krefeld für die Kommunalwahlen am 13. September die Einteilung des Stadtgebietes in 29 Wahlbezirke fest. Ab diesem Zeitpunkt konnten die Parteien mit der Auswahl der passenden Kandidaten für die Bezirke beginnen. Doch seit dem 20. Dezember ist der gesamte Zeitplan ins Wanken geraten. Grund dafür ist ein – zunächst wenig beachtetes – Urteil des Landes-Verfassungsgerichts in Münster. Danach müssen die NRW-Kommunen bis zum 29. Februar ihre Wahlbezirke neu zuschneiden und dann das Ergebnis im Amtsblatt veröffentlichen.

Was ist bisher die gängige Praxis bei der Einteilung der Wahlbezirke? Grundsätzlich gilt, dass ein räumlicher Zusammenhang gewahrt sein soll und die vorhandenen Bezirksgrenzen (Stadtbezirke) eingehalten werden. Dabei durfte bislang die durchschnittliche Einwohnerzahl der Wahlbezirke sich von den anderen Wahlbezirken nicht um mehr als 25 Prozent nach oben oder unten unterscheiden. Denn jede Stimme im Gemeindegebiet muss annähernd gleich viel Gewicht haben.

Wie sieht die Berechnungsgrundlage aus? Zum Stichtag 30. April 2019 war die Einwohnerzahl der NRW-Kommunen bestimmt worden. Für Krefeld (211 956) mit dem Ergebnis, dass die durchschnittliche Einwohnerzahl pro Wahlbezirk bei 7308 Personen liegt. Die Obergrenze liegt folglich bei 9135 Einwohnern, die Untergrenze bei 5481. So jedenfalls war der Stand bis zum 20. Dezember.

Warum hat sich das NRW-Verfassungsgerichts überhaupt mit dieser Einteilung beschäftigt? Die Landesregierung hatte festgelegt, dass bei der Einteilung der Kommunalwahlkreise nicht mehr die Gesamtzahl der Bevölkerung herangezogen wird, sondern nur die Gesamtzahl der wahlberechtigten EU-Bürger. Dagegen klagten SPD und Grüne – allerdings erfolglos. Das Gericht erklärte aber trotzdem, dass die gesetzlichen Vorgaben geändert werden müssen. Statt der bisher erlaubten Abweichung von 25 Prozent, dürfen sie sich in ihrer Größe um nur noch höchstens 15 Prozent von der durchschnittlichen Zahl der wahlberechtigten Bevölkerung unterscheiden. Am gleichen Tag kippte das Gericht übrigens die Abschaffung der Stichwahl bei der Oberbürgermeisterwahl durch CDU und FDP – was das zweite Urteil an diesem Tag offenbar überdeckt hatte.

Welche Konsequenzen hat das für Krefeld? Von den 29 eingeteilten Wahlbezirken erfüllen zwölf die vom Gericht verlangten Kriterien nicht. Bei diesen liegt die Abweichung nach oben oder unten nämlich außerhalb der genannten 15 Prozent. Es handelt sich um Stahldorf (mit 5519 Einwohnern 24,5 Prozent unter der durchschnittlichen Größe), Lindental/Gatherhof (+15,9), Westbahnhof/Schicksbaum (+22,8), Inrath/Kempener Feld (+19), Fischeln-Mitte (-18,2), Moritzplatz/Kliedbruch (+18,6), Traar/Verberg (+22,1), Oppum-Glockenspitz (-17,9), Linn (-18,4), Uerdingen (+18,3), Königshof/Niederbruch (-18,3) und Hüls-Nord (+17,9). Somit gilt die Feststellung der Stadtverwaltung vom vergangenen Dezember nicht mehr, wonach die Einwohnerzahlen in allen (Rats-)Wahlbezirken innerhalb der Toleranzgrenzen liegen und keine Änderungsnotwendigkeit gegeben sei.

Was muss jetzt in Krefeld geschehen? Hier herrscht derzeit eine erkennbare Unsicherheit. Bei den Ratsfraktionen von CDU und FDP heißt es auf Nachfrage, man warte erst einmal eine Informationsveranstaltung der Stadt am kommenden Montag für Parteien und Fraktionen ab. Und die Stadtverwaltung selbst teilt vorsichtig mit: „Zur Zeit wird geprüft, welche Konsequenzen für die bereits erfolgte Abgrenzung der Wahlbezirke in Krefeld aus dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs zu ziehen sind. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine Neuabgrenzung von Wahlbezirken durch den Wahlausschuss erforderlich ist.“ Dem Vernehmen nach könnte Fischeln mit seinen kleinen Wahlbezirken einen solchen verlieren, Uerdingen dagegen mit seinen großen Abweichungen nach oben einen Bezirk hinzu gewinnen. Das steht aber noch nicht fest.

Verlangt das Gericht auf jeden Fall einen Neuzuschnitt? Offenbar nicht. Denn es werden „begründete Ausnahmen“ zugelassen. In den Erläuterungen zum Urteil heißt es: „Ein Rückgriff auf die 25-Prozent-Abweichungsklausel ist in einer Großstadt dann verfassungsrechtlich zu beanstanden, wenn es ohne weiteres möglich ist, durch die Einbeziehung angrenzender Straßenzüge oder einzelner kleinerer Stadtquartiere zu annähernd gleich großen Wahlbezirken zu gelangen.“ Jetzt ist die Frage, ob man zum Beispiel Bürger in Tackheide Fischeln zuschlagen könnte, um die erforderliche Größen hinzubekommen. Wobei dann wiederum die bisher „heiligen“ Stadtbezirksgrenzen verletzt werden müssten. Hierzu sagt das Gericht, dass „zur Wahrung räumlicher Zusammenhänge“ eine Abweichung von mehr als 15 Prozent gerechtfertigt sein könne.

Hat das Urteil schon unmittelbare Konsequenzen gehabt? In einigen Städten schon. So muss die SPD in Viersen ihren Aufstellungsparteitag wiederholen und die Wahlkreiskandidaten erneut wählen. Und die dortige CDU plant, ihren für den 30. Januar geplanten Parteitag zu verschieben. In Krefeld stehen die Parteitage auch noch bevor. So zum Beispiel bei der SPD am 14. März. Bündnis 90/Die Grünen in Krefeld haben zwar schon in großen Teilen ihre Reserveliste festgelegt, aber noch nicht die einzelnen Wahlkreiskandidaten. Der für die offizielle Wahl am 4. Feburar angesetzte Parteitag wurde schon auf den 31. März verschoben. Klar ist deshalb, dass der Zeitdruck bei der Aufstellung und der Festlegung der passenden Wahlkreis-Strategie zunimmt.