Krefeld Krefelder Amt erkennt Erblindung eines Rentners nicht an

Der Krefelder Klaus-Peter Budzinski kann fast nichts mehr erkennen. Das Versorgungsamt bezweifelt das aber und verwehrt ihm das Blindenzeichen im Pass.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Seit sechs Jahren kämpft der Krefelder Klaus-Peter Budzinski darum, ein Blindenzeichen in seinen Pass zu bekommen. Seit sechs Jahren erfolglos. Deshalb hat er sich mit seiner Geschichte an die WZ gewandt. Seine Anträge beim Versorgungsamt, als erblindet anerkannt zu werden, wurden alle abgelehnt. Sein Augenarzt Dr. Christopher Kallen bemerkte jüngst: „Ich habe den Eindruck, man hat im Versorgungsamt etwas gegen Sie.“ Er diagnostizierte bereits 2011 eine Makular-Degeneration bei seinem Patienten, eine irreversible Netzhauterkrankung, die zur völligen Erblindung führen kann.

Auf dem linken Auge sieht Budzinski gar nichts mehr, auf dem rechten Auge wurde ihm von Dr. Kallen eine Sehschärfe von „weit unter zwei Prozent“ bescheinigt, zuletzt bei einer erneuten Untersuchung am 31. August. Sein Gesichtsfeld ist auf die Größe einer Erbse eingeschränkt. Er kann ein Gesicht anvisieren, erkennt aber nur Schatten. Trotzdem entsteht so beim Gegenüber der Eindruck, er könne noch etwas sehen. Das hat auch die vom Versorgungsamt bestellte Gutachterin in ihrem ersten Gutachten 2013 ins Feld geführt. Dr. Barbara Schaperdoth-Gerlings beschreibt wörtlich, den „Eindruck eines psychosomatischen Geschehens in mehreren Körperfunktionen“, womit sie sowohl die Glaubwürdigkeit von Klaus-Peter Budzinski als auch die seines Augenarztes Dr. Kallen infrage stellt. Als Budzinski 2015 ein zweites Mal von Schaperdoth-Gerlings untersucht wird, sieht sie den Beweis seiner angeblichen Simulation darin, dass er ohne Hilfe auf die Toilette gehen kann und fähig ist, im Taxi zielsicher nach dem Anschnallgurt zu greifen.

Der gehbehinderte Rentner sitzt im Rollstuhl und wird von seiner Frau nach dem Pflegegrad 2 betreut. Er bekommt eine winzige Rente, die durch die staatliche Grundsicherung aufgestockt wird. Seit 2011 wird ihm ein Zuschuss als Sehbehinderter von 77 Euro pro Monat zugebilligt. Mit einem Blindenzeichen würden ihm allerdings 475 Euro pro Monat zustehen.

Nach juristischen Maßstäben ist nicht nur ein Mensch blind, der sein Augenlicht vollständig verloren hat. Ein Mensch ist blind, wenn er auf dem besser sehenden Auge, selbst mit Brille oder Kontaktlinsen, nicht mehr als zwei Prozent von dem sieht, was ein Mensch mit normaler Sehkraft erkennt. Oder bei dem eine dem Schweregrad dieser Sehschärfe gleichzuachtende, nicht nur vorübergehende Störung des Sehvermögens vorliegt.

Diese Definition trifft laut Bescheinigung seines Augenarztes sowie auch laut mehrfachen Untersuchungsergebnissen in der Helios-Klinik auf Budzinskis Fall zu. Deshalb hat er 2016 einen erneuten Antrag beim Versorgungsamt gestellt. Allerdings verweigert Budzinski eine weitere Untersuchung bei Dr. Schaperdoth-Gerlings, so dass er im März 2016 ins Augen-Zentrum Siegburg, zu Professor Doktor Ulrich Kellner, bestellt wird. Das Gutachten als Ergebnis einer über fünf Stunden andauernden Untersuchung bekommen die Budzinskis erst im Februar 2017, knapp ein Jahr später, zugesendet. Kellner resümiert darin: „Aufgrund der widersprüchlichen Untersuchung kann ich eine Blindheit im Sinne der Versorgungsverordnung Nr 6 (...) nicht nachweisen.“ Budzinski ist verzweifelt und weiß nicht weiter. „Mein Wunsch ist es, mit meiner Geschichte auch andere betroffene Menschen aufzurütteln, sich an die Öffentlichkeit zu wagen“, sagt er und beteuert: „Ich kämpfe weiter!“