Kunst in Krefeld Fundstücke aus dem Alltag erzählen Geschichten
Krefeld · Nach 30 Jahren Berufsleben hat Bettina Merkel jetzt die Zeit, sich ihren Collage-Bildern ausgiebig zu widmen. Bis zum 25. Mai stellt sie im Bike Café bei Flavia auf dem Großmarkt aus
Ihren Beruf als Erzieherin hat Bettina Merkel längst hinter sich gelassen. Ihre ganze Aufmerksamkeit gilt seit über einem Jahr nun der Kunst. Werken, die sie selbst erschaffen hat. Im kulturell angehauchten Bike Café am Großmarkt von Inhaberin Flavia Latina stellt die Ehefrau des Tennis-Trainers und früheren Bundesliga-Teamchefs von Blau-Weiß Krefeld, Olaf Merkel, bis zum 25. Mai ihre Objekte aus und blickt mit Freude auf die Zeit rund um die Expositionen. „Ich habe meinen Beruf sehr geliebt, aber jetzt habe ich mehr Zeit für mein kreatives Schaffen“, erzählt sie. Ihre Bilder sind bereits seit Mitte März dort zu besichtigen.
Lichteinfall sorgt immer
wieder für neue Facetten
Merkels Hauptarbeit dreht sich um die Collagen-Malerei. Fundstücke aus dem Alltag finden bei ihr den Weg in die Werke. Sie erzählt kleine Geschichten und liefert Aussagen zu verschiedenen Themen. Jedes Bild kann auf seine Weise interpretiert werden. Darum geht es der Krefelder Künstlerin vor allem. „Je nach Lichteinfall ergeben sich neue Facetten“, erklärt sie. Verschiedene Farbaufträge sowie Schichtungen und Überlagerungen von Spachtelmassen zeichnen ihre Bilder aus. Die Kombinationen von gefundenen Gegenständen prägen das Ganze. Fotografien oder wertlose Materialien erhalten in ihrer Kunst ein neues Gesicht. „Bestehendes wird erweitert und künstlerisch verfremdet“, schreibt Bettina Merkel in ihrer Ankündigung. Acryl überwiegt. Dinge, die die Krefelderin auf Urlaubsreisen oder im Alltag gesammelt hat – beispielsweise Muscheln oder Antiquiertes, finden Eingang in ihre Werke.
„Ich kann mich in meiner Arbeit verlieren“, erzählt Merkel über ihre Leidenschaft. „Ich bin glücklich, dass ich das so ausleben kann. Ich habe meine Handschrift gefunden.“ Die in Bockum lebende Kunstschaffende hat schon mehrere Einzel- und Gruppenausstellungen mitgemacht. Seminare im In- und Ausland hat sie schon besucht. Sie sieht ihre Arbeiten als eine Art Projekt. Ein Überthema gibt es nicht bei ihrer Ausstellung am Großmarkt. „Fast jedes Bild hat ein eigenes Thema“, sagt sie. „Wenn mir etwas im Alltag begegnet, beginne ich mit einer Thematik.“ Ihre Bilder wachsen quasi bei der Entstehung von Woche zu Woche. Ein Fahrrad ist so schon als eine Art Schneidemaschine eingeflossen. Aber auch Fundstücke aus der Natur wie Blätter und Gräser findet man in den Arbeiten wieder. Es ist die Vielfalt und Vielschichtigkeit, die dem Betrachter ins Auge fallen.
Bettina Merkel legt sich gerne einen Stift und Notizzettel neben das Bett, wenn sie schlafen geht. „Manchmal träume ich von etwas, das ich dann gerne verarbeiten möchte“, erzählt sie. Nach dem Erwachen schreibt sie ihre Gedanken dann schnell auf, ehe diese verloren gehen. Ideen festhalten, um daraus neue Kunst zu gestalten. So geht das bei ihr.
Bettina Merkel stammt aus Hünxe am nördlichen Niederrhein. Seit 20 Jahren lebt sie in Krefeld. In Dinslaken arbeitete sie über 30 Jahre als Leiterin einer Kindertagesstätte in einem sozialen Brennpunkt. Kreativität in den verschiedensten Bereichen aber habe sie dabei immer schon begleitet in ihrem Leben. Die projektbezogene Arbeit liege ihr am Herzen. Mit Kindern habe sie oft in stillgelegten Zechen schon Aktionen gestartet. Die Region und die Industriekultur habe sie immer wieder inspiriert.
Eigenes Atelier dient
als Rückzugsort
„Das ist etwas, das mir Freude bereitet“, sagt sie. Seit ein paar Jahren besitzt sie ihr eigenes Atelier an der Leyentalstraße, in das sie sich zurückziehen kann, um ihre Gedanken in Bilder umzuwandeln. „Ich kann dann in meiner Freizeit immer wieder daran arbeiten, wenn es mich mal überkommt“, sagt sie und lacht. Mitglied ist sie in der Oberhausener Ludwig-Galerie, besucht Ausstellungen oder genießt Spaziergänge durch den Kaisergarten.
„Die Arbeiten sind ein Geschenk für mich“, erzählt Bettina Merkel. Sie geht mit den Besuchern in den Austausch, nimmt die Resonanz auf. „Die Auseinandersetzung fasziniert mich. Was sehe ich, was sieht der Betrachter?“ Die Bilder lassen genügend Spielraum für die eigenen Interpretationen. Die Ausstellung im Bike Café ist also kein Zufall. Ein Mehrwert auch für die kunstliebende Inhaberin Flavia Latina. „Es ist eine tolle Atmosphäre“, betont Merkel. Und ein bisschen Zeit für einen Austausch mit dem einen oder anderen Besuchern ergibt sich fast immer. Bei einem Cappuccino kommt man leichter ins Gespräch.