Karriere im zweiten Anlauf Krefelderin findet im Handwerk ihre wahre Berufung
Krefeld · Mit dem Projekt „Zukunftsstarter“ fördert die Agentur für Arbeit junge Erwachsene auf dem Weg zur Fachkraft.
Berufsausbildung falsch gewählt? „Kein Problem“, sagt Arbeitsvermittler Gürol Vardar von der Agentur für Arbeit in Krefeld. „Das ist für einen jungen Menschen wie Susen Aileen Ensmann kein Misserfolg und schon gar kein Makel“, bestärkt er die 31-Jährige, die inzwischen den für sie richtigen Weg gefunden hat. Dazu müsse man mitunter Umwege in Kauf nehmen. „Die Ausbildung zur Kauffrau für Büromanagement, die ich zuvor zwei Jahre verfolgt und dann frustriert abgebrochen habe, war einfach nichts für mich“, hat Ensmann erkannt. „Ich war damit unzufrieden und sogar häufiger krank“, schildert sie die Auswirkungen auf ihre falsche Berufswahl. Dabei hatte die Krefelderin nach ihrem Fachabitur mit Schwerpunkt Bau- und Holztechnik am Berufskolleg Glockenspitz mit diversen Praktika in Handwerksbetrieben und als Bauhelferin durchaus die Gelegenheit, ihre tatsächlichen Talente zu erkennen. „Und die liegen eindeutig im praktischen Handwerk und nicht im Büro“, weiß sie mit der nötigen Reife heute.
Ihre Liebe zum Handwerk hatte sie schon früh entdeckt, wenn ihr Vater sie als Fliesenleger mal mit auf die Baustelle nahm. Nur das Tragen der schweren Fliesen und Platten habe gestört. Besonders angetan ist sie vom Umgang mit Holz, vor allem für den Möbel- aber auch für den Fensterbau. „Holz ist ein tolles Material“, erklärt sie ihre Leidenschaft. Deshalb hat sie sich im Austausch mit ihrem Arbeitsvermittler für die Ausbildung zur Tischlerin entschieden, die sie seit dem ersten Februar 2021 beim Ausbildungsbetrieb Diakoniewerk Duisburg GmbH absolviert – vier Tage pro Woche im Betrieb und einen Tag in der Berufsschule der Diakonie. „Die Ausbildung gefällt mir super und es gibt nichts zu meckern.“ Entsprechend gut seien auch ihre Noten, sodass einer erfolgreichen Gesellenprüfung zum 31. Januar 2023 nichts entgegenstehe. Ihr Fazit: „Im Vergleich zur früheren kaufmännischen Ausbildung stehe ich jeden Morgen gut gelaunt auf und gehe gerne zur Arbeit. Ich bin wesentlich entspannter und ausgeglichener.“
Der Berufswechsel ist Ansporn
für eine weitere Karriere
Mit der Beratung durch ihren Arbeitsvermittler sei sie sehr zufrieden. Der hatte schnell erkannt, dass eine neue Berufswahl angesagt war.
Dieser Ansporn lässt sie schon von einer weiteren Karriere träumen. So kann sie sich vorstellen, später eine Meisterprüfung anzuhängen und sich irgendwann selbstständig zu machen. Ihr Meister im Ausbildungsbetrieb habe ihr geraten, sich damit Zeit zu lassen. Es brauche allein etwa drei Jahre nach der Ausbildung, um eine gestandene Gesellin zu werden und Verantwortung übernehmen zu können. Arbeitsvermittler Gürol Vardar beobachtet ihren Weg mit Wohlwollen. Er hält es für eine individuelle Stärke, aus Fehlern der Vergangenheit zu lernen, keinen Frust aufzubauen, Umwege als Lernprozess in Kauf zu nehmen und nach vorne zu schauen. Dass die künftige Tischlerin gereift ist, erkenne man an ihrer Einsicht, dass das schnelle Geld verdienen wie etwa als ungelernte Bauhelferin nach dem Fachabitur auch Nachteile habe. So rechnete sie selbst vor, dass zum Beispiel ein Fliesenlegergeselle pro Monat etwa 1000 Euro netto mehr verdiene als ein Helfer. Es sei also nur eine Frage der Zeit, bis sich die Ausbildung auszahle – auch im Hinblick auf die spätere Rente.
Gürol Vardar sagt: „Diese Erkenntnis ist ganz im Sinne unseres Projekts Zukunftsstarter, das sich großer Nachfrage erfreut. Fachkräfte sind aktuell nicht nur stark gefragt. Sie sind im Schnitt seltener arbeitslos und sie verdienen besser.“ So müsse sich seine Klientin Ensmann um einen späteren Job nicht sorgen. Sie könne vielmehr aus vielen Angeboten wählen. Der Arbeitsagentur lägen im Umkreis von 20 Kilometern aktuell 80 Nachfragen von Handwerksbetrieben nach Tischlergesellen vor.