Ausstellung: Der Kopf ist stets ganz Ohr

Die skurrilen Skulpturen des Krefelder Bildhauers Michael Schwarze sind hier kaum präsent. Das ändert sich nun.

Krefeld. Ein Körper, aus dem eine Hand wächst, wo eigentlich der Kopf sein sollte. Angewinkelte Beine, auf denen ein Schädel mit übergroßem Ohr sitzt. Die Skulpturen von Michael Schwarze irritieren auf den ersten Blick.

Schwarze wurde vor 70 Jahren in Krefeld geboren, studierte an der Werkkunstschule Architektur, dann Bildhauerei in Berlin. Er ist Villa-Romana-Preisträger und bekam 1969 den Kunstpreis der Stadt Krefeld. Trotzdem ist sein Werk in seiner Heimatstadt kaum präsent.

Um dem entgegenzuwirken, richtet der Verein Kunst und Krefeld dem Künstler eine umfangreiche Ausstellung aus. Mit Hilfe der Jubiläums-Stiftung der IHK als Hauptsponsor konnten viele der teilweise recht großen Arbeiten aus Holz und Bronze zusammengetragen werden. Sie liefern einen Überblick über das Schaffen der letzten 20 Jahre.

Schwarze lebt heute in Bahlingen am Kaiserstuhl. Er hat viele der gezeigten Werke erst kürzlich fertiggestellt. So befremdlich die seltsam proportionierten Figuren zunächst erscheinen, entdeckt man bei näherer Betrachtung viele Merkmale klassischer Bildhauerei.

Die Körper und Gliedmaßen, ob aus verschiedenen Obsthölzern geschnitten oder in glatt polierte Bronze gegossen, zeichnen sich durch makellose Gestaltung aus. Manche überschlanke, elegant geschwungene Form erinnert an Skulpturen aus dem Manierismus, doch die bizarre Verbindung der Körperteile schafft ein Gegengewicht zu der sonst zu glatten Schönheit.

Durch die manchmal groteske Überbetonung einer Hand oder eines Ohres weist Schwarze pointiert auf die Aussage seiner Werke hin. Sie entwickeln eine sehr anschauliche und zugleich eigenwillige Bildsprache. So besteht ein Tango-Tänzer nur aus Beinen und einer Hand, mit der er seine Partnerin umschließt; geballte Hände, die aus einem Ohr wachsen, stehen für den "Lauschangriff".

Eher klassisch gerät die Interpretation des Themas "Der Tod und das Mädchen": Hinter einem schönen Frauenkörper werden Totenschädel und Knochenhand sichtbar. Fast archaisch muten die hoch aufgerichteten "Boat People" an, "Herzzerreißend" zeigt das pathetische Ringen zweier "Hand-Körper" um das lebensnotwendige Organ.

Auch die Transplantation ist ein Thema, für das Schwarze eine dem klassischen Ringkampf nachempfundene Ausdrucksweise findet. Die brutalen Brüche in den merkwürdig verkürzten Körpern mit ihren unterschiedlichen Proportionen erzeugen eine Spannung, schaffen einen Brückenschlag von der Tradition in die Moderne. Es war wirklich an der Zeit, dieses Werk in Krefeld vorzustellen.