Ausstellung im Kunstverein: Poetische Vergänglichkeit

Der Argentinier Martín Mele zeigt Kunst, die der Betrachter aktivieren muss.

Krefeld. Die weiße Säule im Erdgeschoss des Krefelder Kunstvereins hat Verstärkung bekommen. In unmittelbarer Nähe zu dem tragenden Element befindet sich ein aus Bausteinen geschichtetes Pendant, das bis zur Decke reicht. Zwei weitere Steintürme sind vor den großen Fenstern platziert. Sind es Skulpturen, Teile einer Installation oder einfach Fremdkörper, die der argentinische Künstler Martín Mele dort errichtet hat? Es steckt von allem ein bisschen darin und zugleich ist es der gelungene Auftakt einer Schau, die man als unkonventionell und poetisch beschreiben könnte.

Schon der Titel ist literarisch, allerdings mit einem kräftigen Augenzwinkern. In Gertrude Steins berühmten Satz „A rose is a rose is a rose“ hat Mele das phonetisch verwandte Wort „Nose“ eingesetzt. Das menschliche Riechorgan zieht sich als roter Faden durch die Ausstellung, die trotz ihrer vielseitigen Bezüge alles andere als beliebig ist. „Die Ausstellung ist innerhalb von zwei Wochen entstanden“, erzählt Kurator Thomas Janzen. Erst zu diesem Zeitpunkt hat der Künstler die Räumlichkeiten in Augenschein genommen und zu arbeiten begonnen.

Diese eigenwillige Methode hat viel mit Meles Biografie zu tun. Der Künstler wurde 1960 in Buenos Aires geboren, er studierte in Düsseldorf bei Markus Lüpertz und pendelt bis heute zwischen den Kontinenten. Dieses moderne Nomadentum hat seine Arbeit nachhaltig geprägt. Meles Ausstellungen entstehen in kurzen intensiven Prozessen vor Ort, viele seiner Arbeiten, wie jetzt die Steintürme, haben nur temporären Bestand.

Die Inspiration dazu kommt oft auf den Reisen, Ausgangspunkt für die jetzige Schau war eine Fotografie, die er zufällig gesehen hat. Sie zeigt Kakteen, die zwischen Steinen wachsen. Dieses schwarz-weiße Bild ist, auf den Kopf gestellt, zum Ausstellungsplakat geworden. Mit diesem hat Mele in der oberen Etage eine ganze Wand tapeziert. Der gelbstichige Ton des Fotos findet im Fußboden seine Fortsetzung. Die gelben Klebereste des gerade entfernten Teppichbodens haben den Künstler so begeistert, dass der Boden für seine Schau erst mal in diesem Zwischenzustand bleibt.

Solche Gegebenheiten eines Raumes schätzt Mele mehr als den klassischen „white cube“. Neues und Altes, Alltägliches und Künstlerisches treffen darin aufeinander, beginnen untereinander zu kommunizieren. „Die Dinge wollen etwas erzählen, der Betrachter muss es nur aktivieren“, sagt Janzen dazu. Im Erdgeschoss spannt sich ein Objekt aus Stoff vogelartig an der Wand aus. Schnell zusammenfaltbar und transportabel ist es ein mobiles Kunstwerk, das leicht von Ort zu Ort wandern kann. „Vergänglichkeit ist Teil der Poesie“, sagt Mele. Selten hat man das auf so ansprechende Weise gesehen.