Kunstverein Von Pflanzen, Sex und Verwandlungen

Krefeld · Freitag wird die Ausstellung „Florale Transformationen II“ im Kunstverein eröffnet. Was und wer alles neu ist, erklärt Kurator Wilko Austermann.

Katja Tönissen steht vor ihrem Werk „Sex in der Südsee“. Im Hintergrund sind Bilder von Melvana Lipp (links) und Alexander Ernst Voigt.

Foto: Ja/Bischof, Andreas (abi)

Als Kurator Wilko Austermann sich im Rahmen der Ausstellung „Florale Transformation II“ im Vorfeld die Arbeit von Katja Tönnissen anschaut, sprudelt es plötzlich aus ihm heraus: „Das ist wie Sex, nur nicht so aufdringlich.“ Es ist das schönste Kompliment, das die Künstlerin seit Langem gehört hat. Um die Aussage entsprechend zu würdigen, nennt sie ihr Werk „Sex in der Südsee“.

Kunst liegt immer
im Auge des Betrachters

Hierbei handelt es sich um eine Keramikschale, die in den oberen Räumen des Krefelder Kunstvereins ausgestellt ist und auf einem zartrosafarbenen Sockel steht. Das Werk erinnert von seiner Form an eine Muschel. Das Innere ist fleischfarben bemalt und hat, wie die Künstlerin zugibt, etwas Anrüchiges. In der Mitte stehen zwei Palmen, die das florale in ihrer Arbeit hervorheben. Von Außen glänzt die Schale golden. Echtes Gold, wie Tönnissen erklärt. Ihr Werk befindet sich fast in der Mitte des Raumes, drumherum hängen die Bilder ihrer Kollegen, die weitere florale Themen aufgreifen. Tönnissen weiß, dass ihr Werk polasieren wird: „Für die einen hat das Werk einen tieferen Sinn, andere wiederum denken sich bestimmt: ,Was soll das denn?’“ Aber bei Kunst seien die Meinungen halt verschieden — und das sei auch gut so, findet die Künstlerin.

Giftige und
psychoaktive Pflanzen

Zurück zur Ausstellung: Dieses Mal haben die Künstler keine echten Pflanzen in ihre Arbeiten einfließen lassen – auch wenn die Ausstellung den Titel „Florale Transformation II“ trägt. Die zehn Künstler greifen mit verschiedenen Techniken das florale Thema auf. Unterteilt in drei inhaltliche Bereiche, zeigen im Erdgeschoss Collagen Abstraktionen von floralen Formen. Oben geht es um Palmen, die in jedem eine paradiesische Sehnsucht wecken sollen. Im Raum daneben hängen Werke, die sich mit der Wirkung von Pflanzen beschäftigen. „Wir haben hier giftige, parasitäre und psychoaktive Pflanzen, die zwar im Kontrast zu den anderen Werken stehen, sich aber im Ganzen zu einem stimmigen Konzept vereinen“, erklärt Kurator Austermann.

Ein Beispiel: Pia Stadtbäumers hat sich mit psychoaktiven Pflanzen wie der Tollkirsche, dem gefleckten Schierling oder Hanf befasst. „Alle drei beinhalten besondere Wirkstoffe und sind daher mit Vorsicht zu genießen“, sagt Austermann.

Wenn man das Bild mit der Tollkirsche betrachtet, könnte man im ersten Moment meinen, dass das Bild mit Kreide auf eine Schiefertafel gemalt wurde. Die feinen, weißen Linien verschmelzen ineinander und formen sich zur Tollkirsche. Doch die Technik täuscht.

Palmeblätter wecken Fernweh beim Betrachter

Stadtbäumer hat ihr Werk auf Gips verewigt, die filigranen Verzweigungen, die die Tollkirsche im Gesamtbild zeigen, sind mit einem Kratzer aufgetragen. Entfernt sich der Betrachter mit einigen Schritten vom Werk, sieht er, wie die ganzen Feinheiten zusammenlaufen und sich vor seinem Auge transformieren. Denn obwohl es sich hierbei um eine Tollkirsche handelt, offenbart sich ihm Bild ein Mikrokosmos an Kreisen, die als Augen oder Erde interpretiert werden können. Auch die Arbeiten von Mevlana Lipp verwandeln sich vor dem Besucher. Auf einem samtenen Untergrund hebt er Palmenblätter mit ihren Verästlungen hervor. Beim genauerem Hinsehen wird aber klar, dass es sich nicht um gemalte Blätter handelt, sondern um ein aus Holz angefertigtes Gesamtwerk, das miteinander verbunden und bemalt worden ist. Mit seinen Bildern weist er auf paradiesische Zustände hin und entwickelt damit eine Art Fernweh.

Besucher der Ausstellung können sich auf spannende Werke freuen, die, obwohl sie über Etagen und Räume verteilt sind, ein stimmiges Gesamtbild abgeben.