Das unerwünschte Erbe
Penzberg will den Nachlass von Campendonk nun mit Krefeld gemeinsam erwerben. Doch ist das überhaupt gewollt?
Krefeld. Die Politik ist aufgewacht, der Kulturdezernent führt im Hintergrund intensive Gespräche, selbst bisherige Konkurrenten suchen den Schulterschluss: Man könnte meinen, es stehe besser als gedacht um den Kauf des Nachlasses von Heinrich Campendonk. Doch der berühmte Künstler und seine Heimatstadt kommen in diesem Punkt wohl nicht recht zusammen. Das Erbe ist - auch wenn es niemand offen sagt - im Grunde unerwünscht.
Im bayerischen Penzberg ist das anders: Dort kämpft Museumsdirektorin Gisela Geiger seit Jahren um den Nachlass. Im letzten Moment machte der Stadtrat ihr einen Strich durch die Rechnung (die WZ berichtete). Nun schmiedet Geiger neue Allianzen: Sie hat dem Krefelder Kulturdezernenten Roland Schneider vorgeschlagen, den Kauf gemeinsam zu stemmen und die Arbeiten danach im Wechsel zu präsentieren.
Roland Schneider, Kulturdezernent
"Eine sehr gute Idee", findet Schneider: "Wir können mit dem Werk eine Brücke schlagen." Die Konditionen und die mögliche Finanzierung müsse man jedoch erst "in Ruhe prüfen". Die klamme Stadt kommt als Geldgeber ohnehin nicht in Frage: Ähnlich wie in Bayern wären eher Stiftungen und Privatspender am Zug. "Die 500 000 Euro von der Sparkassenstiftung könnten wir jetzt gut gebrauchen", sagt der Dezernent. Er spielt auf die umstrittene Spende der Stiftung für die Spitze der Dionysiuskirche an. Allerdings bleibt für Schneider immer noch die Frage nach der künstlerischen Qualität des Erbes.
Da hat die Penzberger Museumschefin eine klare Meinung: "Die Kunstwerke lassen teilweise eine geniale Handschrift erkennen", sagt Gisela Geiger. Auch das weniger angesehene Spätwerk habe eine hohe Qualität: "Die Bilder sind ein wunderbares künstlerisches Vermächtnis."
Im Kaiser-Wilhelm-Museum sieht man das offenbar anders. Dort sitzt zwar mit Sabine Röder eine anerkannte Campendonk-Expertin, doch deren Chef Martin Hentschel setzt ganz andere Schwerpunkte. Die letzte bedeutende Campendonk-Ausstellung lief lange vor seiner Zeit, was den Erben offenbar gründlich missfällt: "Es herrscht große Enttäuschung darüber, dass Krefeld die Werke im Keller verschwinden lässt", sagt Geiger. Mehrfach habe sie versucht, Kontakt zu Hentschel aufzunehmen: "Doch mein Brief blieb unbeantwortet."
Das könnte einen einfachen Grund haben: Zwar hat Krefeld nach Campendonks Tod 1957 dessen Werk ausgiebig gewürdigt - doch diese Zeiten sind vorbei. Nach WZ-Informationen wird ein Ankauf des Erbes hier sehr kritisch gesehen, und zwar aus zwei Gründen. Zum einen wird bezweifelt, dass der Kaufpreis von 4,1 Millionen Euro angemessen ist, zumal die Bilder offenbar teilweise Opfer eines Wasserschadens waren. Zum anderen verspricht man sich von den 89 Werken keine neuen Impulse für die Sammlung. Fünf wertvolle Ölbilder Campendonks sind ohnehin im Besitz der Stadt. Das wertvollste mit dem Titel "Bayerisches Landhaus" wird auf mindestens 600 000 Euro geschätzt.