Das Gegenteil vom Paradies
Nägelfeilen unter der Schweizer Flagge: Das Gastspiel der Compagnie RAZ in der Fabrik Heeder ist ziemlich kryptisch.
Krefeld. Der niederländische Choreograf Hans Tuerlings hat mit seiner Compagnie RAZ schon unzählige Gastspiele in der Fabrik Heeder bestritten. Am Freitag präsentierte er sein neues Stück für fünf Frauen, das sich etwas rätselhaft "malparadisity" nennt. Will uns Tuerlings das Gegenteil von paradiesischen Zuständen vorführen? Vielleicht. Der Begriff findet sich jedenfalls in keinem Wörterbuch, und das Stück lässt einen mit vielen Fragen zurück.
Am Bühnenrand steht eine Schweizer Fahne, und am Ende wird eine teure Schweizer Uhr präsentiert, die schließlich auch nur eine Uhr sei. Ist die Schweiz das Gegenteil des Paradieses? Die aktuelle Meinung von Steuersündern hierzu wird nicht mitgeteilt.
Dafür vieles andere, vor allem von Helma Melis. Am Anfang erfährt man von ihr, man solle sein Heil nicht in Äußerlichkeiten suchen, und fragt sich dann schon, warum sich im Schatten der Fahne eine blonde Akteurin lange Zeit die Fingernägel feilt.
Im Mittelteil handeln die Texte von einer Kollegin, die von sich selbst behauptet, dass sie "eine sehr tiefe Stimme" habe. Die Melis dichtet ihr dann noch Seh- und Hör-Handikaps größeren Ausmaßes an. Die machen sich aber nicht bemerkbar. Am Ende fordert Melis eine "zivile Wehrpflicht". Junge Menschen sollen sich statt an der Armee an Aufgaben für die Allgemeinheit abarbeiten. Der Staat würde dadurch "bessere Bürger" zurückerhalten. Ist das ernst gemeint?
Zwei weitere Akteurinnen bringen zwischendurch tänzerischen Schwung. Ein Quartett dieser beiden zusammen mit der Nägelfeilerin und der vorgeblich Behinderten entwickelt zu geräuschhafter Musik auch beträchtliche Dynamik. Doch der Tanz bleibt bloße Einlage in dieser Collage, die man für kryptisch halten kann oder einfach nur für banal. Man hat von Tuerlings schon aussagekräftigere Arbeiten gesehen.