Der eigene Opa war ein Nazi
Per Leo las aus seinem Roman „Flut und Boden“.
Krefeld. Das literarische Semester der Volkshochschule begann intensiv: Der Schriftsteller Per Leo las am Dienstag aus seinem Roman „Flut und Boden“, der von seiner eigenen Familie erzählt. Die beiden Hauptfiguren sind Großvater Friedrich Leo mit einer Karriere im Rasse- und Siedlungshauptamt der SS und dessen Bruder Martin, der als Goetheaner in einer Geisteswelt lebt.
In den ausgewählten Passagen stellte Leo die beiden Männer vor. Den dritten wichtigen Part hat der Ich-Erzähler inne, der die Einzelheiten gründlich recherchiert. Seine Quellen sind das „Berlin Document Center“, verschiedene Archive und die Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltung zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen. „Die Brüder und der Ich-Erzähler bilden ein Dreieck“, sagt Per Leo — wobei die Grenzen zwischen dem Autor dem Ich-Erzähler verwischen.
Sein Großonkel habe ein „gelungenes Leben“ geführt, erzählt Leo. „Er ist eine liebenswürdige Figur mit einer gelungenen Bildungsgeschichte“, sagt er. Dem Großvater hingegen bescheinigt er ein „moralisch verwerfliches Leben.“ Dass das eine schwere Bürde für die Nachgeborenen ist, war dem Historiker und Literaturwissenschaftler manchmal an der Stimme abzulesen. „Der Ich-Erzähler entdeckt im Laufe der Recherche seine Ähnlichkeit zu Friedrich und seine Liebe zu Martin“, sagt Per Leo.
Der Roman ist wie eine Collage angelegt, die in unterschiedliche Zeitabschnitte eindringt. 13 Kapitel erzählen von mehreren Generationen einer Bremer Familie. So formuliert der Autor eine kluge Auseinandersetzung mit der Vergangenheit.
Dafür gab es viel Zustimmung aus dem Publikum.