Der Tod trägt Pappnase
Kabarett: Der Hülser Stephan Franke bereist mit seinen skurrilen Programmen über die menschliche Vergänglichkeit die Republik.
Krefeld. Stephan Franke sieht eigentlich nicht so aus wie jemand, der mit Totenköpfen plaudert. Doch wenn er es tut, schauen ihm sogar Menschen dabei zu. Der Totenkopf trägt eine Pappnase, und er heißt Jupp. Vor seinem Dahinscheiden war Jupp ein lustiger Kerl aus dem Rheinland, der sein Herz auf der Zunge trug.
Den Frohsinn hat er sich in der Zeit nach dem Tod bewahrt - auch, wenn von ihm nicht mehr als der Schädel übriggeblieben ist. Und eben die Pappnase. "Jupp kann Sachen sagen, die ich nicht in den Mund nehmen würde", sagt Stephan Franke. "Er ist halt tot. Was kann man dem noch wollen?"
Der Tod ist Frankes ständiger Begleiter. Wenn er auf der Bühne steht, spricht der 52-Jährige über nichts anderes. Über skurrile Begebenheiten bei Beerdigungen, über Jenseits-Erfahrungen, über Erbschaftsangelegenheiten.
"Das Reizvolle und zugleich Schwierige an dem Thema ist, dass man Grenzen ausloten muss", sagt Franke. "Ich will keinen verschrecken und mich auch nicht auf Kosten anderer lustig machen."
Er will den Tod aus der Tabu-Ecke bekommen: "Es ist ein universelles Thema, das jeden etwas angeht." Darum waren ihm Berührungsängste oder gar Beklemmungen von vorneherein fremd.
Wichtig sei, dass man sich selbst innerhalb des Themas Tabus setze. Über den Tod eines Kindes werde er keine Kabarett-Nummern schreiben, sagt er. Ansonsten sei fast alles erlaubt.
"Auch wenn die Verbindung von Tod und Humor paradox erscheint: Das Thema eignet sich hervorragend für das Kabarett. Es ist weder banal noch immer tragisch. Die Bandbreite dazwischen ist sehr groß."
Je nach Blickwinkel bizarr, absurd, komisch, tragisch oder einfach völlig normal. Diese vielen Blickwinkel haben ihn mehr als die Lust am Morbiden vor gut zehn Jahren darauf gebracht, über die menschliche Vergänglichkeit zu reden.
Franke, im Hauptberuf in der Lehrerausbildung am Duisburger Studienseminar tätig, ist ein Spätstarter. Erst 1997 brachte er sein Programm "Bunter Abend" auf die Bühne des Fischelner Theaters am Marienplatz, vor rund 50 Leuten. "Ein schöner Auftritt", erinnert sich Franke. Und einer, der Lust machte auf mehr.
"Ich wollte das Ganze professioneller machen." Er schrieb etwa 50 Kleinkunstbühnen an, verschickte ein Video seines Programms - manche sagten ab, manche zu. Der Anfang war gemacht. Über einen Bekannten kam er in Kontakt zum Bestattungsunternehmer Roth aus Bergisch Gladbach. Der stellte ein Kulturprogramm auf die Beine. Da kam der Todes-Humorist mit seinem Programm "Ruhe sanft" gerade recht.
Der Erfolg war groß, die Resonanz noch größer. Denn seither reist Franke von Hüls aus quer durch die Republik, tritt in Bestattungsunternehmen auf, in Hospiz-Vereinen, auf Friedhöfen und in Leichenhallen. "Viele wollen damit einen anderen Zugang zum Tod erreichen", so Franke, der aber auch weiterhin auf Kleinkunstbühnen vor 50 bis 200 Menschen auftritt, insgesamt rund 50 Mal im Jahr.
Seine eigene Beziehung zum Tod hat sich mit seinen Programmen gewandelt: "Ich möchte bewusst sterben. Diese Erfahrung will ich noch mitnehmen." Sein Freund Jupp wird ein Liedchen davon singen können.