Theater-Umzug: Zwischen Leere und Chaos
Der Umzug des Stadttheaters zum Gebäude an der Tannenstraße ist in vollem Gange.
Krefeld. Ehemals rote und vergilbte Strümpfe ringeln sich aus einem blauen Plastiksack mit lauter ausgefransten Klamotten heraus; daneben stapeln sich Broschüren und veraltete Dramenbücher. So sieht es aus im Bühneneingang des Stadttheaters, denn der Umzug ist im vollen Gange. Und dabei ist nichts so überholt wie abgespielte Theaterstücke. Also raus mit allem Überflüssigen aus der Dramaturgie. Diese Abteilung, die fast immer im Hintergrund wirkt und nur bei den Einführungsmatineen einen kleinen Blick auf ihr weites Feld erlaubt, macht sich als zweite Abteilung auf den Weg in die Tannenstraße.
Bei Martin Siebold, dem Dramaturgen, sieht es so kahl aus wie bei seinem Einzug vor sieben Jahren. Allein die Pinwand zeigt jetzt endlich mal ihr freundliches Orange, und aus den Nadeln hat er ein Herz gesteckt. Und dann stehen da noch ein Drucker, ausgestöpselt, ein Computer und ein Telefon. "Ich packe alle diese Dinge erst zusammen, wenn ich in der Tannenstraße auch vernetzt bin", erklärt er - man wartet auf den Anruf der Techniker. Denn ohne Internet kann er mit den Kollegen von der Presse nicht kommunizieren. Und die Pressearbeit muss schließlich reibungslos weiterlaufen.
So wie der ganze Betrieb ja von dem Umzug nicht beeinträchtigt werden darf. Und deswegen steht eine ausgefeilte Planung dahinter, ausgearbeitet von der hauseigenen Technik. Nur vier zusätzliche Kräfte durften zum Schleppen der Kartons eingestellt werden. Man munkelt, dass einer von denen schon "Rücken hat". Zuerst haben die Damen- und die Herrenschneiderei ihre Sachen ein- und in der Tannenstraße wieder ausgepackt. Vor das Auspacken allerdings hat das System eine gründliche Reinigung und auch ein bisschen Weißeln gesetzt.
Die Mitarbeiter, die mit feinsten Stoffen und teuren Garnen hantieren, haben sich ihr Übergangsdomizil erstmal bezugsfertig gemacht. "Unsere Mitarbeiter sind ganz und gar an der Sache orientiert", lobt Martin Siebold erleichtert, "denn wir müssen ja weitermachen!" Und in der Tat, in der Schneiderei werden die letzten Premieren dieser Spielzeit und sogar schon die im TAZ (Theater auf Zeit) vorbereitet. In der Dramaturgie liegen die Druckfahnen für den neuen Spielplan auf dem Tisch - auch hier geht die Arbeit trotz Ein- und Auspackens und Aussortierens weiter. Das Theaterarchiv übrigens bleibt erstmal an seiner Stelle und muss den Baustaub irgendwie anders loswerden: Dafür sind keine Mittel übrig.
Die Technik hat prima geplant: Ein Beispiel sind die vorbereiteten Aufkleber. Darauf kann jeder aus dem oberen Flur das neue Stockwerk, den Raum und auch den Inhalt verzeichnen. Dann kann er alles an der Tannenstraße schnell wiederfinden.
Mit einem feinen Lächeln lobt die Dramaturgin Vera Ring auch übergeordnete Fähigkeiten: "Unsere Leute können auch sehr gut mit hysterischen Dramaturgen umgehen." Das sei gar nicht schlimm, meinte Lutz Vorberger: "Wir kommen prima zurecht." Aber alle technischen Anforderungen für sämtliche Vorstellungen in zwei Häusern bleiben schließlich bestehen. Großer Druck lastet durch die doppelte Arbeit auf den Mitarbeitern, aber: "The show must go on".