Performance Ein Abend ohne Konzept

Krefeld · Theater am Marienplatz startet mit seinem „KlangMerzBau“.

Ensemble-Mitglieder des TAM agieren im „KlangMerzBau“.

Foto: Klaus M. Schmidt

Als kunstinteressierter Mensch kennt man das. Man denkt etwa an ein Theater, und es fällt einem eine Inszenierung ein, die man dort gesehen und die einen so beeindruckt hat, dass man sich leicht und gern daran erinnert. Denkt der Autor ans Theater am Marienplatz (TAM), fällt ihm etwa der Abend „Musikalische Laufbahnen“ ein, eine Arbeit des Hausherrn Pit Therre. Gut 70 Kleininstrumente und Klangerzeuger wurden da von fünf Ensemblemitgliedern bedient, zum Auftakt der jetzigen Spielzeit sind es „nur“ 34 Klangerzeuger oder Gruppen von solchen, die genutzt werden, aber zu einem Erinnerungsschatz wird die erste Aufführung des „KlangMerzBaus“ sicher nicht werden.

Im Herbst 2016 konnte das TAM sein 40-jähriges Bestehen feiern, mit dem Stück „Musikalische Laufbahnen“ startete es in seine Jubiläumsspielzeit. Pit Therre hatte sich zu diesem Werk ein minutiöses Konzept ausgedacht, nachdem die fünf Spieler ihre Aktionen auszuführen hatten. Das Konzept ging auf. Es entstand ein „wunderbar vielfältiges, absurdes Klang-Geräusch-Theater“, so schrieb es damals der Autor dieser Zeilen.

Der „KlangMerzBau“ nun soll nach dem Vorbild von Kurt Schwitters „Merzbau“ den Bühnenraum des TAM in eine begehbare Collage von Instrumenten und Klangerzeugern verwandeln. Deren Anzahl soll im Laufe der Saison zunehmen, doch ist dies ja kein Konzept für eine Aufführung, sondern nur eine Idee für eine prozesshaft wachsende Installation.

Beliebig viele Spieler können an den Aufführungsterminen teilnehmen, sollen die Installation bespielen. Dafür hat Therre nur zwei Regeln aufgestellt. Die erste besagt, dass jeder Akteur während einer Aufführung einen Gegenstand nur einmal benutzen darf, die zweite legt die Aufführungsdauer fest. Die betrug im Fall der Premiere nun 30 Minuten.

Neun Ensemblemitglieder – inklusive Therre – mühten sich also eine halbe Stunde an Amboss und Becken, an Bratpfannen und Orgelpfeifen, an Pferdeschellen und Ratschen und vielem mehr ab. Als Ergebnis entstand eine Geräuschcollage, wie man sie schon oft im TAM gehört hat, aber dieses Mal eine ohne dramaturgischen Bogen, ohne ein wenigstens minimales Abstimmen paralleler Aktionen aufeinander und so fort. Und dabei fielen dann auch leider die unterschiedlichen Kompetenzen der Spieler auf, unter denen sich studierte Musiker, aber auch Laien befinden.

Beliebigkeit also regierte. Mit Musik oder der phantasievollen Abkehr von gängigen musikalischen Aufführungspraktiken, wie man sie im TAM schon so oft erlebt hat und die ja nicht per se als unmusikalisch zu bezeichnen ist, sondern die eher den Musikbegriff erweitert, hatte die Aufführung nichts zu tun. „Die Musik ist am Ende“, raunte jemand dem Kritiker hinterher, als er das Theater verließ. Dem muss widersprochen werden. Sie fand nur an diesem Abend im TAM nicht statt.

Weitere Termine am 8., 15., 22. und 29. September, jeweils 22 Uhr.