Ein Poet zwischen Wut und Zärtlichkeit
40 Jahre Bühne: Der Liedermacher Konstantin Wecker erhält stehende Ovationen nach seinem Konzert im Seidenweberhaus.
Krefeld. Kaum jemand hat die deutsche Liedermacher-Szene so sehr geprägt wir Konstantin Wecker. Ein wachsamer und engagierter Poet, der „Wut und Zärtlichkeit“, wie auch eines seiner Lieder heißt, mit kraftvollen Worten und eingängigen Melodien ausdrückt und am liebsten die ganze Welt umarmen möchte. Im Seidenweberhaus als Teil seiner Tournee feierte er am Mittwoch mit vielen Anhängern sein Bühnenjubiläum „40 Jahre Wahnsinn“.
„40 Jahre auf der Bühne zu stehen, ist Wahnsinn, und zwar der schönste Wahnsinn, den man sich vorstellen kann“, erläutert er erst gegen Ende seiner dreistündigen Gala seine Motivation. Seine Liebe zur Musik, der er sein Leben gewidmet hat, wird auch ohne Erklären deutlich. Stets ist er für seine Ideale wie Freiheit leidenschaftlich eingetreten, hat seine pure Lust am Leben herausgeschrien und die soziale Kälte um uns angeprangert. Schonungslos offen geht er auch mit seinen Nackenschlägen um.
Sein „fataler Hang zur Großmannssucht“ habe ihn vorübergehend auf die schiefe Bahn und gar ins Gefängnis gebracht. Dies hat er in einem seiner Klassiker, „Genug ist nicht genug“, verarbeitet, was ihm aber die unerwünschte Zielgruppe der Banker beschert hätte. „Ich war mit meinen Texten nicht immer im Reinen, habe aber in meinen Liedern nie gelogen“, sagt er.
Seine Zeitreise durch 40 Jahre Musik garniert Wecker mit netten Anekdoten, zum Beispiel seinen ersten Auftritt mit vierköpfiger Band vor zwei Zuschauern im Kölner Senftöpfchen. Dabei darf natürlich auch „Willy“ nicht fehlen, der einst von Neonazis geschlagen wurde und dem er einen frühen Song gewidmet hat. Die Aufklärung folgt auf dem Fuß: „Willy ist zwar Geschichte, aber er lebt. Mein ältester Freund verkauft draußen im Foyer die CDs.“
Auch andere Wegbegleiter prägen seinen Weg, so sein langjähriger Partner und Pianist Jo Barnikel. Zusammen mit einem weiteren musikalischen Allroundtalent und einer hervorragenden Cellistin hat Wecker eine Band um sich geschart, die Musik vom Feinsten inszeniert. Mit wechselnden Tempi und häufigen Instrumentenwechseln intonieren sie gemeinsam mit dem Liedermacher am Flügel einen musikalischen Leckerbissen nach dem anderen. Ob Chanson, ob Jazz, ob Blues - der sympathische authentische Wecker wird jeder Aufgabe gerecht.
Viele seiner Lieder sind lebensbejahend, machen Mut und geben einen tiefen Einblick in seine Seele. Seine Botschaft: „Es ist eine grenzenlose Welt, in der ich leben will.“ Das sieht offensichtlich auch sein Publikum so, darunter viele Alt-68er. Es beschert dem Künstler und seiner Band gleich zwei Mal Standing Ovations — vor und nach den Zugaben.