Eine Lese-Reise nach Syrien
Der Autor Rafik Schami nimmt die Krefelder mit in das Land der Gerüche und Gerüchte.
Krefeld. Als erstes räumt er das Mikrofon beiseite, und schafft sich Platz auf dem quadratischen Podium. Denn Rafik Schami kommt nicht als Vorleser, sondern als wunderbarer Erzähler. Aus seinem neuen Roman "Das Geheimnis des Kalligraphen" hat er einen "Hörfilm" gemacht.
Damit seine Fans - bei Thalia ist es rappelvoll - sich ein Bild machen können, beschreibt der Mann aus Syrien zunächst die Stadt seiner Kindheit. In den 50er Jahren war Damaskus eine kleine Stadt mit 350 000 Einwohnern, mit flachen Häusern. Rafik Schami erzählt, dass es morgens nach Brot riecht und mittags nach Falafel, dass Damaskus die Stadt der Aprikosen war und der Feigen.
Die Architektur seiner Heimatstadt richtete sich damals nach innen: Schlichte Mauern, ein langer Flur, auf dem man Staub und Außenwelt abschütteln kann, und ein prächtiger, grüner Innenhof zeichnen die meisten Häuser aus. Das Leben der Menschen zeichnet der Zusammenhalt aus - über die Grenzen der christlichen, muslimischen, jüdischen Viertel hinweg. Und so haben Gerüchte es leicht, wie Schneebälle durch die Stadt zu rollen und sich beständig zu wandeln. "Sie springen von Zunge zu Zunge", berichtet Schami.
Und so beginnt auch seine Geschichte, die vielleicht ein Zehntel des Romans ausmacht. Nura heißt die weibliche Hauptfigur. Sie ist klug, sie gilt nicht als schön, "Schön ist eine Frau, die einen ordentlichen Schatten wirft" beschreibt Schami den Geschmack seiner Landsleute. Nura lernt Schneiderin und dabei gleich auch die Kunst die Zuhörens und wird an einen berühmten Mann der Stadt verheiratet.
Hamid Farsi ist Kalligraph und hütet düstere Geheimnisse, die er mit seiner Frau aber nicht teilt. Er schlägt sie sogar, da sterben ihre Gefühle für ihn. Sie verliebt sich und flieht aus der Stadt. Das Gerücht von der Flucht ist Beginn der Geschichte, und am Ende stehen zwei neue Gerüchte, ganz in syrischer Tradition, wie Schami erzählt. Er blättert einen großen Fächer orientalischer Genüsse auf, und nicht von ungefähr denkt man an den Zauber von 1001 Nacht. Sein Fabulieren erweist ihn als Meister der Sprache und als genauen Beobachter der Menschen. Am Ende der zwei Stunden wünscht man sich, er würde die ganze Geschichte immerfort erzählen.