Comedy Enissa Amani: Scharfe Zunge und Tussi-Allüren
Enissa Amani ist mit ihrem ersten eigenen Programm ein neuer Lichtblick in der Comedy-Szene.
Krefeld. „Frauen sind nicht komisch“ — dieses Vorurteil hält sich hartnäckig in der männerdominierten Comedy-Szene. Gegner von weiblichen Comedians begründen das mit der Evolution: Männer müssen witzig rüber kommen, um eine Frau zu erobern, für Frauen hingegen genügt es, schön und verführerisch zu sein.
Mit Enissa Amani begegnet uns eine junge Frau, die beweist, dass sie beides sein kann: schön und witzig. Die im Iran geborene Deutsch-Perserin war am Mittwoch mit ihrem ersten Programm „Zwischen Chanel und Che Guevara“ im Seidenweberhaus zu Gast.
Es sind noch mehr Kontraste, die Enissa Amani so außergewöhnlich machen: Im Spannungsfeld zwischen zwei Kulturen, zwischen sozialistischer Erziehung und Tussi-Allüren, zwischen amerikanischen Stand-Up und deutschem Kabarett überrascht sie ihre Zuschauer mit blitzschnellen Brüchen und knappen Pointen in der Tradition einer Joan Rivers.
Was sie überdies von den meisten ihrer deutschen Kollegen unterscheidet, ist die Fähigkeit, sich über sich selbst lustig zu machen und dabei trotzdem kräftig auszuteilen. Kaum eine Randgruppe bleibt vor ihrer scharfen Zunge verschont, seien es Neonazis, Schwule oder Gangsterrapper.
Munter plaudert sie über ihre Kindheit, imitiert köstlich den iranischen Akzent ihrer Eltern oder macht sich über die korrekte Art der Deutschen lustig, die ihre bösen Briefe statt mit „Hurensohn“ lieber mit „Hochachtungsvoll“ unterschreiben.
Auch aktuelle Themen wie die Flüchtlingsproblematik oder die Terror-Anschläge in Paris greift sie auf und persifliert mit erfrischender Unverblümtheit radikales Gedankengut: „Ich finde, alle Flüchtlinge, die in Not sind, sollten Hilfe bekommen“ -Pause- „Außer Rumänen“ -Pause- „ — die sind Diebe!“ -Pause- „Ach, ne, das sind ja die Polen!“
Was bei ihr so locker flockig und völlig unangestrengt daher kommt, ist natürlich feinstes Comedy-Handwerk. Gekonnter Wechsel zwischen flapsiger Publikums-Impro und perfekt gefeiltem Timing.
Enissa Amani schafft es mit ihrer übersprudelnden Energie, den Bogen über einen ganzen Abend zu spannen, ohne sich oder das Publikum zu ermüden.
Besonderes Bonbon am Ende ihrer Show: Sie gibt ein Beispiel für iranische Höflichkeit und lässt es ihr Publikum anschließend untereinander exerzieren: Immer wenn ein Iraner mit dem Rücken zu anderen Menschen sitzt, entschuldigt er sich bei ihnen dafür. Die blumige Antwort darauf lautet: „Gol poshto ruh nadaré.“ auf deutsch: „Eine Blume hat keine Rückseite.“