Frontalangriff in der Ruine

Kresch spielt im abbruchreifen Papst-Johannes-Haus.

Krefeld. Die neue Kresch-Produktion wirbelt viel Staub auf — im wahrsten Sinne. Denn die „Aufzeichnungen aus einem Totenhaus/ Kellerloch“ spielen im abbruchreifen Papst-Johannes-Haus.

Das ist keineswegs das einzige Ungewöhnliche an der Aufführung des Stadtjugendtheaters. In der Reihe „Play Krefeld“ geht es wieder darum, neue Spielformen auszuprobieren. Szenen aus dem Leben des russischen Schriftstellers Fjodor M. Dostojewski — in einer Bearbeitung von René Linke, der auch Regie führt —, werden mit aktuellen Fragen des Zusammenlebens verbunden.

Am Anfang werden die 50 Zuschauer in fünf Gruppen aufgeteilt. Im „Foyer“ begrüßt Linke das Publikum und warnt: „Dieser Abend ist eine Zumutung, auch eine Mutprobe. Sie müssen nicht alles mitmachen, aber vielleicht verpassen Sie dann eine lebensentscheidende Erfahrung!“

Im ersten Saal konfrontieren die 19 jungen Schauspieler in Arbeitsoveralls das Publikum mit Dostojewski und seinen epileptischen Anfällen. Auf die Krankengeschichte folgt ein Schnitt: Die Zuschauer werden gruppenweise in verschiedene Räume gebracht.

Gruppe A landet in einem kleinen Raum, der mit Zeitungspapier und Häuserfotos tapeziert ist. Ein penetrantes Mini-Verhör der Zuschauer folgt. Wechsel in ein völlig dunkles Kabuff. Schweigen. Ein Akteur zielt mit dem Schein einer Taschenlampe auf das Gesicht eines Zuschauers und bedrängt ihn: „Weißt du, was ich hasse?“ Die Betroffenen machen brav mit. Vermutlich will niemand die Jugendlichen aus ihrem Konzept bringen.

Die sozial- und zeitkritischen Aspekte erschließen sich nicht immer, zumal man ja kaum Zeit findet nachzudenken. Das Thema „Reizüberflutung“ kommt jedoch sehr gut rüber.

Das Ganze endet wieder im großen Raum bei Dostojewski und seiner drohenden Hinrichtung. Dabei wirbelt reichlich Action in der Ruine Staub auf. Das Publikum dankt für das engagierte Spiel mit kräftigem Applaus — und geht nach Hause, schnell unter die Dusche.