Zwischen Gesetzbüchern und Musik „Geige spielen ist für mich wie atmen“
Der angehende Rechtsanwalt Ilan Gilad (28) stand schon mit Vicky Leandros und David Garrett auf der Bühne.
Jura und Musik — passt das zusammen? Für Ilan Gilad schon — der 28-jährige Krefelder studierte erst Musik und dann Jura. Im Mai tritt er seine neue Stelle als Rechtsanwalt in einer Düsseldorfer Kanzlei an. Bei den jüdischen Kulturtagen begeisterte er die Zuschauer mit der hohen Qualität seines Streichquartetts Ad libitum. Denn nach wie vor hat die Musik einen festen Platz in seinem Leben.
„Irgendwann habe ich im Alltag gemerkt, dass der Spaß beim Musizieren wegblieb. Als dann klar war, dass die Musik nicht mein Hauptberuf wird, kam der Spaß von ganz alleine wieder“, erklärt er den Wechsel der Professionen. Bereits seit seinem fünften Lebensjahr spielt Ilan Gilad Geige und Klavier, war während der Schulzeit Geigen-Jungstudent an der Universität Maastricht. „Jeden Dienstagnachmittag bin ich mit meinen Eltern dort hingefahren, das war immer wie ein kleiner Familienausflug“, erinnert er sich. Anschließend blieb er für sein Hauptstudium bei seinem Professor in Maastricht, später studierte er außerdem in Köln. „Mit der Geige hat man einfach mehr berufliche Möglichkeiten als mit dem Klavier“, erklärt der 28-Jährige seine Wahl.
Für ihn macht die Faszination der Violine aus, dass er so seinen Gefühlen Ausdruck verleihen kann: „Geige spielen ist für mich inzwischen fast wie atmen, etwas, das man einfach nicht verlernt. Eine Selbstverständlichkeit. Außerdem mag ich es, anderen mit meiner Musik eine Freude zu machen.“ Ein Stück, dass ihm seit Beginn im Gedächtnis geblieben ist, ist „Siciliano“ von dem italienischen Komponisten Giovanni Battista Pergolesi: „Das Lied habe ich immer als kleines Kind gespielt und mein Vater bittet mich heute noch darum, es für ihn zu spielen.“
Seine Geige ist das Werk des niederländischen Violinenbauers Pieter Rombouts und wurde um 1700 gefertigt. Ein Geschenk seiner Eltern im Jahr 2003. „Ich habe schon oft gehört, dass meine Geige einen schönen Klang hat, aber ob das an dem Instrument oder doch an mir liegt, kann ich nicht so genau sagen“, meint der 28-Jährige und lacht.
Bald fängt die Hochzeitsaison wieder an und das bedeutet für Ilan Gilad und das Streichquartett wieder jede Menge Auftritte — seit der Gründung 2006 standen die Musiker schon 260 Mal auf der Bühne. Und das jedes Mal in einer anderen Konstellation. „Ich hatte damals innerhalb von drei Wochen viele Anfragen in Folge und jedes Mal habe ich ein neues Ensemble zusammen gestellt“, erzählt der Musiker. So entstand der lateinische Name Ad libitum, der auf deutsch „nach Belieben“ bedeutet.
Ilan Gilad, Rechtsanwalt und Musiker
Inzwischen hat er ein Pool von rund 70 Musikern aufgebaut, die sich bei den Terminen regelmäßig abwechseln — je nach dem, wer gerade Zeit hat. Der Pool bestehet hauptsächlich aus Musikstudenten und Profimusikern, die das Streichquartett als Nebenbeschäftigung ausüben. Das Sprichwort „man kann nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen“, trifft auf Ad libitum nicht zu: Die Gruppe kriegt so viele Anfragen, dass es durchaus vorkommen kann, dass die Musiker auf zwei Hochzeiten an einem Tag vertreten sind.
„Ich koordiniere das Ganze und kann nur rund 20 Prozent aller Anfragen annehmen. Die Veranstaltungen müssen für alle gut erreichbar sein, also in etwa im Großraum Nordrhein-Westfahlen“, so der Musiker. Gerade zu Beginn des Jahres, wenn vermehrt Heiratsanträge gestellt werden oder nach öffentlichen Auftritten, kommen laut Ilan Gilad fast täglich Buchungen.
Was mit privaten Veranstaltungen begann, hat sich bis zu offiziellen Auftritten für den Landtag entwickelt. „Ich habe schon mit Vicky Leandros und David Garrett auf der Bühne gestanden oder beim Diner im Düsseldorfer Hotel Interconti für den chinesischen Staatspräsident gespielt“, erzählt der Violinist nicht ohne Stolz. Auch im Fernsehen war er schon zu bewundern — als Backgroundmusiker bei Unterhaltungssendungen wie Wetten, dass. . .?, Schlag den Raab oder der Chartshow. Inzwischen bekommt Ilan Gilad sogar Bewerbungen von Musikern samt Empfehlungsschreiben zugeschickt, die Teil des Pools werden möchten.
Das Programm des Quartetts reicht dabei von Unterhaltungs- über Salonmusik bis hin zur Klassik. Der Krefelder selber spielt am liebsten Tango: „Das wird auch auf Veranstaltungen am häufigsten gebucht.“ Den Bezug zu jüdischen Melodien hat er von Kind an durch sein Elternhaus mitbekommen. Sein Vater, Michael Gilad, ist der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde in Krefeld. „Diese Melodien zu spielen ist nicht alltäglich. Auf den jüdischen Kulturtagen haben wir versucht, traditionelle Stücke mit jüdischen Komponisten zu kombinieren, die keine typisch jüdische Musik geschrieben haben.“
„Ich möchte meine beiden Leidenschaften unbedingt verbinden und Verlage und Musiker in Sachen Urheberrecht vertreten“, berichtet der junge Mann.