Gemälde und Skulpturen in Harmonie

Lydia Mammes und Günther Zins stellen ihre beeindruckenden Werke in den Räumen des Kunstvereins aus.

Foto: Andreas Bischof

Der Betrachter muss sich auf die Werke einlassen. Er spielt seine eigene Rolle, je nachdem, wo er steht, welches Licht wie einfällt. Die Augen wollen spielen, werden teilweise angesogen von der Frage nach der Farbe im Gemälde und der Illusion, ob der im Raum stehende Würfel im Boden versinkt, auftaucht oder kippt. Die Werke von Lydia Mammes und Günther Zins, die derzeit die Räume des Kunstvereins bespielen, harmonieren gut miteinander. Es dauert eine Zeit, bis sich das Petrol auf dem großflächigen Bild im Auge des Betrachters verändert. Dann werden auf einem Gemälde plötzlich violette Töne deutlich, dann tief blaue in dem anderen, und schließlich nimmt der Besucher auf einem dritten hellere grünliche Erscheinungen im Petrol wahr.

Es ist ein ständiger Reiz, eine Art Ahnung, die sich in der Farbwelt des Gemäldes ausbreitet. „In meiner Arbeit ist allein die Farbe das gestaltende Element“, erklärt Mammes, die Frau aus Moers, die ihr Atelier in der Dujardin-Weinbrennerei hat. Es ist Farbe, nichts als Farbe, die sie handhabt. „Mich interessiert Farbe als Zustand“, erklärt sie. Wie viele Schichten oder Farbüberlagerungen ein Bild besitzt, vermag sie nicht zu sagen. Es ist auch jedes Mal eine andere Anzahl, bis es ihrer Meinung nach fertig ist. Mammes: „Jedes Bild hat seinen eigenen Entstehungsprozess. Viele verschiedene Farben führen zu einem eigenständigen Ton. Es geht allein um die Schichtung der Farbe, ihre Tiefenwirkung, ihr Miteinander-Reagieren.“

Es wird kein Motiv in den Vordergrund gestellt. Die lasierenden Schichten werden auf teils trockenem oder nassem Untergrund aufgetragen, fließen ineinander. „Jeder Schritt ergibt den nächsten. Es ist nichts geplant.“ Mal auf Holz, mal auf Leinen, stets ohne die Kanten zu bearbeiten. „Die gehören nicht hinein.“ Neun Bilder sind zu sehen.

Dazu erfährt der Besucher den harmonischen Kontrast der ebenso großen Anzahl von Stahlskulpturen von Günther Zins. Sie scheinen an die Wand gezaubert zu sein. „Ich stecke die hohlen Stahlstäbe auf kleine Nägel“, erklärt der Künstler die Technik. An der Wand zeichnen die geometrischen Figuren wie Würfel, Kuben oder Kreise Linien, sprich ihre Schatten, an die Wand. Sie beziehen den Hintergrund in die Plastik mit ein. „Ich definiere den Raum durch die Linie“, sagt Zins. „Mein bevorzugtes Material sind schlanke Edelstahlstäbe oder dünne -seile.“ Sie verschweißt er mit hoher Präzision zu den geometrischen Figuren. „Auf dem Boden stehend, an der Wald hängend oder frei im Innenraum schwebend signalisieren die Objekte Stabilität und Ruhe und andererseits Leichtigkeit und Schwerelosigkeit in der steten Veränderung.“ Auch hier: je nach Blickwinkel des Betrachters.

Es sind die Stäbe, die die Schattenlinien bilden und in das Werk mit eingehen. Die eigene Hängung gibt das Ihre dazu. Außerdem ist eine Fotoreihe seiner Arbeiten zu sehen. Zins: „Es sind Fotos, die zeigen, wie ich mit den Arbeiten agiere. Es sind die langen Belichtungen von mir bewegter Plastiken, Quader, die sich bewegen, Schatten werfen, die die Wand mit einbeziehen.“ Elke Meyer-Michael, die Vorsitzende des Kunstvereins, freut sich, die beiden Künstler zusammengeführt zu haben, „in einer Stadt, die an Auszehrung leidet, was die Galerien betrifft“. Die Ausstellung von Lydia Mammes und Günther Zins sei die erste von fünf in diesem Jahr, die sicherlich auf großes Interesse stoßen werde.