Textilstadt Krefeld Hochschule Niederrhein erforscht historische Farbstoffsammlung
Krefeld. Die historische Farbstoffsammlung der Hochschule Niederrhein wird jetzt erstmals wissenschaftlich analysiert und erforscht. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung fördert das regional- und kulturhistorische Projekt „Weltbunt“ mit 550.000 Euro.
Beteiligt sind neben der Hochschule Niederrhein das Museum Schloss Rheydt, das Deutsche Textilmuseum Krefeld, die TH Köln und die TU Dresden. Ziel des heute startenden und auf drei Jahre angelegten Projekts ist es, die chemischen Farbstoffe und ihre Anwendung auf Textilien im ausgehenden 19. Jahrhundert bis zur Zeit des Zweiten Weltkriegs zu erforschen. Dabei werden chemie-, textil-, wirtschafts- und sozialgeschichtliche Fragestellungen untersucht, die auch die Bedeutung der Textilstädte Krefeld und Mönchengladbach in den Blick nimmt.
Industriegeschichte am Niederrhein
Während Krefeld im 19. Jahrhundert zur Hochburg der nationalen Seidenindustrie aufstieg, wurde in Mönchengladbach in zahlreichen Spinnereien und Webereien hauptsächlich Baumwolle verarbeitet. Als es ab der Mitte des 19. Jahrhunderts gelungen war, Farbstoffe auf Teerbasis synthetisch herzustellen, wurde dadurch für beide Rohstoffe der Grundstein für die moderne chemische Industrie gelegt. Wichtigster Abnehmer der neuen Farben war die Textilindustrie, wobei das erfolgreiche Einfärben von Seide als Premiumsegment besonders hohe Umsätze versprach. Die Zusammenarbeit der beiden Industriezweige fand ab 1883 in der Krefelder Färberei- und Appreturschule statt, die 1895 an die Adlerstraße zog, wo heute der Fachbereich Chemie der Hochschule Niederrhein untergebracht ist. Dorthin schickten regionale und überregionale Chemieunternehmen die Farbstoffe zu Testzwecken. Denn mindestens so wichtig wie die Entwicklung der Farbstoffe war es, Wege zu finden, um die neuen Farben waschfest auf den Fasern zu fixieren. In Krefeld entstand im Laufe der Zeit die einzigartige Farbstoffsammlung.
Heute ist die Krefelder Sammlung mit über 10.000 Originalfläschchen mit chemischen Färbesubstanzen nicht nur die weltweit größte ihrer Art, sondern auch das beeindruckende Zeugnis für diesen intensiven Austausch zwischen Wirtschaft und Wissenschaft, Chemie- und Textilindustrie. Die Sammlung ist seit knapp zwei Jahren im TextilTechnikum im ehemaligen Monforts-Quartier in Mönchengladbach öffentlich zugänglich.
Das Projekt
„Das Projekt verbindet moderne Analytik mit wirtschaftshistorischen, gesamtgesellschaftlichen und modegeschichtlichen Fragestellungen. Dabei werden Wechselwirkungen zwischen industrieller Produktion und privatem Konsum sowie dem Einsatz von Farben in Mode und anderen Bereichen des Alltags aufgezeigt und analysiert“, sagt Prof. Dr. Jürgen Schram, Professor für instrumentelle Analytik am Fachbereich Chemie.
Das Deutsche Textilmuseum Krefeld erforscht anhand seiner umfangreichen Modesammlung die Wechselwirkungen zwischen Moden, Farben, Textilien und Konsum. „Die originalen Kleider und Textilien sind Belege für die Anwendung der Farbstoffe im Bereich der Mode und bezeugen, welche Farbnuancen und Farbkombinationen tatsächlich Einzug in die Kleidung gefunden haben“, sagt Dr. Annette Schieck, Direktorin des Deutschen Textilmuseums Krefeld.
Die Ergebnisse des Projekts sollen in Publikationen und einer Tagung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht und sowohl als Dauerausstellung im TextilTechnikum Mönchengladbach als auch in einer temporären Modeausstellung 2019 im Deutschen Textilmuseum Krefeld präsentiert werden.