Kawai-Konzert: Wunderkind widmet sich Chopin

Der junge polnische Pianist Jacek Kortus begeistert im Campus Fichtenhain das Publikum.

Krefeld. Ein ganzer Abend mit Werken von Chopin hat am Freitagabend viele zum abgelegenen Campus Fichtenhain gelockt. Programmzettel und sogar die Eintrittskarten des Kawai-Konzerts waren kurz vor 20 Uhr ausgegangen. Der junge polnische Pianist Jacek Kortus (geboren 1988) bot einen spannenden Querschnitt durch das Werk seines Landsmanns.

Mit einem Nocturne begann Kortus, der bereits mit 14 Jahren aus den Händen des polnischen Staatspräsidenten Aleksander Kwasniewski den Staatspreis für junge Talente erhalten hat, seinen Abend. Schon bald nach dem zunächst einfachen, meditativen, etwas melancholischen Einstieg sollte Kortus zeigen, dass er sein Handwerk beherrscht. Spätestens mit den ersten Takten der nachfolgenden Etüde war jeder wachgerüttelt, und es wurde ahnbar, dass virtuose Vorträge das Konzert bestimmen würden. Läufe in Oktavsprüngen und Akkorde in atemberaubendem Tempo begeisterten das Publikum so, dass es nach dem Stück gleich applaudieren musste - und den Musiker entgegen der Spielregeln aus seiner Konzentration holte.

Nach dem einleitenden Nocturne hatte man sich noch daran gehalten, aber von nun an wurde jeder Vortrag gleich belohnt. In der Ballade (g-moll, opus 23) erzählte Kortus einfühlsam eine Geschichte, die sich stürmisch entwickelte und wieder sein souveränes Spiel im schnellsten Tempo zeigte.

Auch beim Walzer in As-Dur, der zu den bekanntesten Stücken Chopins gehört, wurde deutlich, dass diese kontrastreichen Stücke nicht zum Tanzen gedacht sind. Gleiches galt für seinen Vortrag der drei Mazurken (opus 59), der ähnlich dynamisch klang. Aber spätestens hier vermisste man in seinem Spiel das Tempo rubato (die "gestohlene Zeit"), das so unverwechselbar zu Chopins Musik gehört. Bei diesem Spiel mit kleinsten Temposchwankungen hat die linke Hand das Tempo exakt zu halten, während die rechte mit einer winzigen Verzögerung spielt. Dies bringt eine feine, aber ungeheuer wichtige Spannung in die Interpretation.

An diesem Ausdruck könnte der Pianist noch etwas arbeiten, aber mit seinem virtuosen Spiel begeistert er schon heute sein Publikum - auch in Krefeld. gmk