Konzert: Eindrucksvoller Saisonstart
Musiker unter Leitung von Mihkel Kütson begeistern im Seidenweberhaus mit Mahlers 9. Sinfonie.
Krefeld. Mit einem einzigen abendfüllenden Programmpunkt legt Generalmusikdirektor Mihkel Kütson am Freitag im ersten Sinfoniekonzert einen eindrucksvollen Saisonstart hin. Seine Interpretation von Gustav Mahlers 9. Sinfonie werden vom Publikum zu Recht gefeiert.
Vom Beginn des Abends liegt eine konzentrierte Spannung in der Luft, die über die knapp neunzig Minuten Spieldauer erhalten bleibt. Mahlers extrem facettenreiches Werk ist von wehmütiger Stimmung und Todesahnung durchzogen. Tatsächlich ist es seine letzte vollendete Komposition, deren Uraufführung 1912 er nicht mehr erlebte. Mahler starb bereits im Mai 1911 mit fünfzig Jahren an einem Herzleiden. Wie seine Kollegen Beethoven und Bruckner kam auch er über eine 9. Sinfonie nicht hinaus.
Mahlers Sinfonie unterscheidet sich von anderen bereits dadurch, dass die beiden mittleren schnellen Sätze von zwei langsamen eingerahmt werden. Der erste Satz „Andante comodo“ mit seiner zarten, fast stockenden Einleitung entfaltet sich zu einem von starken Kontrasten gekennzeichneten Klangbild, das die Niederrheinischen Sinfoniker präzise entwickeln. Dass Alban Berg diesen Satz als das „Allerherrlichste“ bezeichnete, was Mahler geschrieben hat, konnte man bei dieser Interpretation gut nachempfinden.
Perfekt gelingt den Musikern auch der abrupte Stimmungswechsel im zweiten Satz. „Im Tempo eines gemächlichen Ländlers. Etwas täppisch und derb“ ist die Bezeichnung, die der Komponist selbst diesem die Position eines Scherzo einnehmenden Satz gegeben hat. Entsprechend tänzerisch-leichtfüßig ist der Charakter, wobei mehrere Melodien ineinander verwoben und zugleich parodiert werden. Präzise, doch mit einem passenden Schuss Lässigkeit schickt Kütson die Musiker durch diesen Satz.
Eine dramatische Steigerung in Charakter und Tempo gibt es anschließend in der als „sehr trotzig“ beschriebenen Rondo-Burleske. Doch eine Passage mit hohen, wie entrückt wirkenden Klängen weist schon auf das abschließende großartige Adagio hin. Dieser letzte Satz ist ein Abschied vom Leben, wobei der im ersten Satz noch vorherrschende schmerzliche Charakter jetzt einen ruhigeren, versöhnlichen Ausdruck annimmt. Die schwindende Lebenskraft spiegelt sich in der Reduktion der Besetzung auf Violine, Celli und Kontrafagott wider.
Immer körperloser wird diese Musik, die in den extrem hohen Lagen der ersten Violinen am Ende ihr Leben aushaucht. Jede Nuance dieses feingliedrig gesponnenen Gewebes kostet Kütson mit den Sinfonikern aus. Sekundenlang lässt er den letzten zarten Ton noch durch den Saal schweben.
Für einen Moment wirkt das Publikum wie betäubt, bevor es dann ganz befreit seiner Begeisterung Ausdruck verleiht.