Krefelder erzählt über Leiden und Freude am Niederrhein
Krefeld. „An mein Elternhaus grenzte ein Obstgarten. Da gab es auch einen Birnbaum der Sorte ‚Clapps Liebling’“, sagt Hermann K. Tenhaef. Seine Stimme wird weich. „Immer wenn ich eine Birne gegessen habe, hat mein Onkel Jakob gesagt, dass das bestimmt eine Clapps Liebling ist“.
Als Hermann K. Tenhaef vor zehn Jahren an die Friedrich-Ebert-Straße gezogen ist, hat er sich zwar gegen einen Birnbaum entschieden, heute ziert aber ein Nussbaum seinen Garten. Während des Schreibens seines ersten Buches ‚Clapps Liebling’ war der Garten dem 70-jährigen Krefelder aber dennoch eine Inspiration. „Mein Buch erzählt von der Nachkriegszeit am Niederrhein. Auch die Geschichte meines Onkel Jakob hat darin einen Platz.“
Hermann K. Tenhaef ist bei seiner Mutter im kleinen Dörfchen Pont in Geldern aufgewachsen, sein Vater ist im Krieg gefallen. Im Zweitausend-Seelen-Dorf hat er das Leben in der Nachkriegszeit mit all seinen guten und schlechten Seiten erlebt. „Mein Buch beschreibt die Enge in so einem Dorf. Jeder kennt sich und jeder weiß alles über den anderen, auch das, was er nicht wissen will“, sagt Tenhaef und lacht. „Auf der anderen Seite kann ich mich noch gut daran erinnern, wie wir stundenlang auf den Bürgersteinen gespielt haben. Die Straßen gehörten damals den Kindern.“
Mit viel Humor und Einfühlungsvermögen erzählt Tenhaef seine Geschichte. Während er die Goldhochzeit im Ort beschreibt, bauen sich Bilder vor den Leseraugen auf. „Nur wenige sind damals so alt geworden. Das ganze Dorf war in Aufruhr. Die Mütter hatten den ganzen Tag gekocht und dann kam das alte Brautpaar.“ Tenhaef erinnert sich an eine goldene Krone, die die Jubilarin im Haar trug, ihr Mann hatte ein silbernes Sakko an. „Und dann sind die beiden in einer Kutsche von zwei dänischen Kaltblütern gezogen worden. Aus der Sicht eines Kindes war das ein magischer Moment.“
Aber dann gab es auch die Momente, die von den Nachkriegssituationen gezeichnet waren. Die Menschen waren relativ arm und der Glaube an die Kirche war umso stärker. Fast jedes Kind musste zum Kommunionsunterricht. „Aber wer hat schon verstanden, was die uns da erzählen. Das wichtigste, das ich behalten habe, ist ein Spruch meiner Oma, dass es einen guten Engel gibt, der mich beschützt.“
Heute beschützt Tenhaef als Wahl-Krefelder seine Erinnerungen. Das Buch hat er geschrieben um seiner Enkelin Lena seine Geschichte zu erzählen, aber auch um seinen Verwandten ihre Vergangenheit zu schenken. „Sie haben mich irgendwann angesprochen und gesagt, dass sie fast nichts von früher wissen.“ Tenhaef hält kurz inne. „Für den Menschen ist es wichtig zu wissen, wo er herkommt.“