Kresch-Theater: Wäsche flattert auf der Empore
Franz Mestre inszeniert für den Heeder-Innenhof Lorcas „Bernarda Albas Haus“.
Krefeld. Gitarrenklänge und Flamenco-stampfen im Innenhof der Fabrik Heeder. Mit viel spanischem Flair geht unter freiem Himmel eine Aufführung des Kresch-Stadtjugendtheaters über die Bühne. Das Stück ist alles anderes als leichte Kost. "Bernarda Albas Haus" von Federico Garcia Lorca, eine "Frauentragödie in spanischen Dörfern". Lorcas letztes Stück, vollendet 1936 kurz vor seiner Ermordung durch die Faschisten.
Wie bereits in "Yerma" oder "Bluthochzeit" prangert der Dichter die unbarmherzigen sozialen Zustände in den ländlichen Regionen Spaniens an. Am Begräbnistag ihres Mannes verordnet die despotische Bernarda ihren fünf Töchtern eine achtjährige Trauerzeit in totaler Isolation. Nur Stieftochter Angustias, die vom Vater ein kleines Vermögen erbte, wird mit dem attraktiven Pepe verlobt. Die Begehrlichkeiten der Schwestern münden in einer Katastrophe.
Die archaische Strenge des Werks weicht in der von Franz Mestre inszenierten Fassung einer offeneren, aber spannungsreichen Interpretation. Zu Beginn singen bunt gekleidete Frauen ein spanisches Lied, hängen auf der Empore Wäsche auf, albern dabei. Unten beginnt ein Trauerzug, eine Gruppe verschleierter Frauen folgt dem Sarg: hysterisches Schluchzen, monotone Gebete. In einem weißen Raum versammelt Bernarda ihre Töchter und verkündet die Trauerzeit. Im Hintergrund dämmert die schwachsinnige Großmutter im Rollstuhl dahin, spricht die Sehnsüchte der anderen aus.
Dieser Frauenwelt hat Mestre nicht nur einen (in Lorcas Stück unsichtbar bleibenden) Mann gegenübergestellt, sondern eine Gruppe von acht jungen Männern, die abwechselnd in die Rolle von Pepe schlüpfen. Sie singen, flirten mit dem Publikum, fahren auf der Vespa herum. Am Ende jagen sie Adela, die sich mit Pepe einließ und bringen sie wie ein erlegtes Wild vor Bernardas Haus. Die hat sich nicht (wie bei Loraca) erhängt, sie ist auch Opfer geworden. "Meine Tochter ist als Jungfrau gestorben" - mit dieser Lüge reißt Bernarda ihre Familie in " ein Meer von Trauer". Die im Stück angelegte Düsternis wird im Verlauf des Abends immer wieder durchbrochen, es gibt starke Momente und schöne Bilder, etwa wenn die Töchter aus den Fenstern heraus Kontakt nach draußen suchen. Die jungen Darsteller legen insgesamt eine beeindruckende Leistung hin. Ein stimmiger Abend, der mit viel Beifall belohnt wurde (eine weitere Aufführung am Montag, 21 Uhr, Ruf: 310095).