Kresch wagt Impro mit Karacho
Per Handy und per E-Mail können Zuschauer das Geschehen im „Hotel Südwall“ beeinflussen.
Krefeld. In der Hitliste asozialer Verhaltensweisen hat das Telefonieren im Theater seinen festen Platz. Wer mitten in der Vorstellung zum Handy greift, sollte mit Jamba-Klingeltönen in Dauerschleife bestraft werden. Das Kresch allerdings dreht das Prinzip nun um. „Bei uns darf man das Handy anlassen und benutzen“, sagt Regisseur Helmut Wenderoth.
Im „Hotel Südwall“, dem neuen Impro-Format und Nachfolger der langjährigen Reihe „Freispiel“, steht ein Telefon auf dem Tresen. Die Zuschauer können während der Vorstellung auf der Bühne anrufen und das Geschehen beeinflussen. Auch per Mail und in einem Blog sind die Darsteller erreichbar.
Volker Diefes, Kabarettist
„Hotel Südwall“ wird ein Experiment, eine Impro-Serie mit Vorspann, Abspann, festen Charakteren und fortlaufender Handlung. „Unser Hotel soll eine Oase für unvergessliche Geschichten sein“, erklärt Wenderoth. So soll die „flüchtige Kunst“ des Impro-Theaters zur Geburtsstätte bleibender Erinnerungen werden.
Dazu betreibt das Kresch ungewöhnlich hohen Aufwand. Es gibt neun Darsteller und ein aufwändiges Bühnenbild mit Fahrstuhl und vielen Türen. Ausstatterin Beate Krempe hat sich für ihre Hotellobby auf Flohmärkten und in Antiquariaten bedient. „Vielleicht bringen die Zuschauer mit der Zeit auch eigene Einrichtungsgegenstände mit“, sagt Ilka Luza, neben Wenderoth Leiterin des „Impro mit Karacho“.
Luza spielt Sasha Frank, die in der ersten Folge im Hotel auftaucht und fortan zum festen Personal gehört. Auch die Hotelchefin (Bernadette Wessler), ein Pianist (Sebastian Fuhrmann) und eine zickige Diva (Silvia Westenfelder) gehören zur Ausstattung. Hinzu kommen Krefelder Stadtpromis in Gastrollen.
Als Besitzer des Hotels Südwall kehrt ein alter Bekannter ins Ensemble zurück. Von 1992 bis 1998 legte Volker Diefes im Kresch den Grundstein seiner Karriere, die ihn ins „Kom(m)ödchen“ und auf die Kabarettbühnen der Republik führte. Für ihn kam der Anruf zur rechten Zeit: „Ich war gerade in einer Phase, in der ich alles hinterfragt habe“, sagt Diefes. Die festgefahrenen Regeln der Comedy, der „tägliche Blödsinn“ im Fernsehen — da stand ihm spontan der Sinn nach der guten alten Unberechenbarkeit des freien Spiels: „Das ist eine wunderbare Therapie, eine Chance, sich am Zeitgeist abzuarbeiten“, sagt Diefes. „Ich kann wieder Muskeln bewegen, die ich lange nicht gespürt habe.“