Lesung: Ein Kampf um Gerechtigkeit

Ursula Krechel, Gewinnerin des Deutschen Buchpreises 2012, kam zu einer Lesung in die Volkshochschule.

Krefeld. Als Werbung funktioniert der Deutsche Buchpreis hervorragend. Eugen Ruge, Preisträger 2011, konnte bei seiner Lesung vor zwei Jahren auf ein volles Auditorium in der Mediothek blicken, und auch Ursula Krechel, Preisträgerin 2012, füllte jetzt das Foyer der Volkshochschule bis auf den letzten Platz. Krechel stellte ihren preisgekrönten Roman „Landgericht“ vor. Theodor Pelster moderierte, VHS und Anderer Buchladen waren die Veranstalter.

Manche Kritiker unken, solche Romane, die das Schicksal einer Familie und die deutsche Nachkriegsgeschichte verknüpfen, wären auf den Gewinn des Deutschen Buchpreises abonniert, dessen Jury im Übrigen literarisch anspruchsvollere Bücher ignoriere. Das führte schon bei Ruge zu unangemessenen Äußerungen über Werk und Autor. Auch Krechel ist davon nicht verschont geblieben, obwohl die Rezensionen bei ihr insgesamt freundlicher ausfielen.

Krechels Roman ist erst einmal eine ungeheure Fleißarbeit. Jahrzehntelang hat sie über das Exil von Deutschen jüdischen Glaubens und ihre Rückkehr nach dem zweiten Weltkrieg recherchiert. Die Figur des Juristen Richard Kornitzer geht auf eine reale Biographie zurück. Die Fakten hat sie übernommen, „das Privatleben“ habe sie „dazu getan“.

Der Richter Kornitzer wird 1933 als Jude von den Nazis aus dem Amt gejagt, seine Kinder kann er in England unterbringen, er selbst wandert nach Havanna aus. Die protestantische Frau Claire bleibt in Deutschland.

Kornitzer gehört zu denen, die zurückkehren, er geht wieder in die Justiz, wird Richter in Mainz. Aber er kommt nicht wirklich an, kämpft einen aussichtslosen Kampf für Gerechtigkeit, scheidet schließlich verbittert aus dem Beruf aus. Die Familie bleibt zerrissen. Sie habe diesem Rückkehrer stellvertretend ein Denkmal setzen wollen, sagt Krechel später in der Fragerunde.

Der Roman beginnt mit der Rückkehr Kornitzer aus dem Exil, schwenkt auf die Vorgeschichte in der Nazi-Zeit, und kehrt dann noch einmal in die Bundesrepublik zurück. Bei der Lesung präsentierte Krechel einen Auszug aus dem Mittelstück.

Da geht es zunächst um Kornitzers Frau Claire, die erfolgreich in der Werbebranche agiert. Etwas betulich und etwas oberflächlich wird die Arbeit Claires geschildert, die Werbung für den Einsatz im Kino konzipiert.

„Dann kam der Tonfilm, und auf den Straßen fing das Brüllen an“, heißt es dann unvermittelt, die Analogie leuchtet nicht so ganz ein. Der vorgestellte Auszug endet dann mit der Schilderung eines SA-Angriffs auf die jüdischen Juristen im Gerichtsgebäude von Breslau, da nimmt der Text — zeitgeschichtlich grundiert — Fahrt auf.