Lesung mit Celentano und Rotwein
Helmut Wenderoth liest aus „Rosinen und Meer“.
Krefeld. "Da capo" ist der Name des riesigen Telefunken-Radios aus den 60er Jahren. Es steht auf einem roten Tisch, und auf der schwarzen Bühne sitzt auf einem roten Stuhl Helmut Wenderoth und trinkt Rotwein.
Der künstlerische Leiter des Kreschtheaters bietet als erstes dem Publikum im fast vollen Raum der Probebühne II das "Du" an. Wenderoth, am Pfingstsamstag 1957 in Kirnsulzbach im Hunsrück geboren, liest aus dem Manuskript "Rosinen und Meer", das sein erstes Buch werden soll.
Er beginnt mit einem Streifzug durch dänische Kneipen, Bier und Wirtshausschlägereinen. Es folgen Dorfszenen aus der Ukraine, die ihren Ursprung einschließlich der Figuren wohl in der herben Landschaft über der Mosel haben.
Wenderoths Sprache ist kosmopolitisch angelegt. Es schimmert ein wenig Bert Brecht durch, Ringelnatz und die Deftigkeit eines Jaques Brel. So schreibt er einer ausgewanderten Tante eine "Hunsrücker Hochwaldnaivität" zu, die vor ihrem Flug nach Texas auf "Türen hofft, die sich schließen lassen" und sich fragt "wie fremd die Fremde" sein wird.
Die zentrale Rolle aber spielt in dem Stück Anton, dessen Abenteuer auf autobiographische Züge schließen lassen. Im Werben um die begüterte Winzerstochter in Mülheim an der Mosel muss Anton nicht nur nackt den reißenden Fluss hin- und zurück durchschwimmen, sondern auch noch einem Feuersalamanderweibchen den Kopf abbeißen.
Mit Schinken, Hartwurst und Wein kehrt er siegreich auf die Hügel des Hunsrück zurück. Nach Kirnsulzbach wahrscheinlich. Am Schluss, so nach anderthalb Stunden, nimmt Wenderoth einen tiefen Schluck Rotwein. Aus dem Radio tönt Adriano Celentano. Da capo.