Liebliche Formeln nahe am Kitsch
Mit zu traditionellem Tango ging das Festival zu Ende.
Krefeld. Für das Bandoneon gibt es mehr musikalische Welten als nur den Tango - das hatte der Argentinier Gabriel Merlino vor einer Woche in der Fabrik Heeder bewiesen. Doch das 8. Bandoneon Festival Krefeld endete am Freitag im Rittersaal der Burg Linn wieder mit einem reinen Tango-Ensemble.
Nicht aus Argentinien, sondern aus Berlin kam das international besetzte Septett Orquesta de Tango Qué Tangazo. Für Tango-Liebhaber, unter ihnen offenbar viele im ausverkauften Saal, mag der Abend den Erwartungen entsprochen haben. Musikalisch enttäuschten die sieben Musiker aber in so mancher Hinsicht.
Das Programm begann vor der Pause überwiegend traditionell und setzte sich so fort. Moderner, vielschichtiger, facettenreicher war lediglich ein Stück des Tango-Erneuerers Piazzolla. Bei Kompositionen von Judith Brandenburg, die eines von zwei Bandoneons bediente, ging es auch einmal etwas lebendiger zu.
Ansonsten herrschte bei den Stücken viel Formelhaftigkeit. Lieblich wie im Klischee erklangen viele Legato-Passagen, die rhythmischeren Teile verhinderten ein völliges Abgleiten in kitschiges Kaffeehaus-Musizieren.
Die drei Violinen - warum nimmt man nicht eine Bratsche hinzu? - konnten ihren Tutti wegen individueller Klangschwächen kaum Strahlkraft verleihen, die beiden Bandoneonspieler, neben Brandenburg Guillermo Destaillats, waren häufig damit beschäftigt, die Streichersätze harmonisch zu unterfüttern.
Ins oft undifferenzierte Klangbild hinein setzte Pianist Javier Tucat Moreno noch die meisten Akzente, doch hätte er durch selteneren Einsatz des rechten Pedals vielleicht zur Differenzierung beitragen können.
Das Bandoneon, obwohl doppelt besetzt, ging in den Arrangements häufig unter - das hat man bei anderen Tango-Orchestern schon anders erlebt. Am Ende geizten die Zuschauer dennoch nicht mit Applaus. Das Festival hat ein herzliches Publikum.