Kultur Lutherbibeln: Rettung vor Priesterspucke

Zwei historisch wertvolle Bücher aus der Sammlung des Museums Burg Linn brauchen Hilfe von Restauratoren und suchen Spender.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Besonders die unteren Ecken der Buchseiten sind ausgefranst. Vermutlich haben die Priester vor fast 500 Jahren den auch heute noch bekannten Reflex beim Blättern gehabt: Daumen anlecken, umblättern. Ob in Gottesdiensten oder Predigtvorbereitungen, den beiden wertvollen Lutherbibeln im Besitz des Museums Burg Linn sieht man an, wie gerne sie genutzt worden sind. Seiten sind durch den Gebrauch herausgetrennt. Das Papier ist zum Teil gerissen. Stücke fehlen. Gelegentlich haben die Nutzer der vergangenen Jahrhunderte etwas am Rand notiert. Die Einbände beziehungsweise Holzdeckel sind stark abgerieben oder sogar löchrig.

Nun sollen die reich bebilderten Luther- beziehungsweise Lufftbibeln, wie sie nach der Druckerei Hans Lufft heißen, zumindest so konserviert werden, dass sie nicht noch weiter zerstört werden. „Wir werden sie nicht in den Neuzustand versetzen können, aber es geht darum, den Verfall erst einmal zu stoppen“, sagt der stellvertretende Museumsleiter Christoph Dautermann. Beispielsweise müssen Chemikalien herausgewaschen werden.

„Ein Problem ist heute, dass gerade die schön bebilderten Seiten durch chemische Prozesse zerfressen werden“, berichtet Dautermann. Das liegt an den Metallen, die den Farben beigemischt wurden, mit denen die Bilder damals nach dem Druck nachkoloriert wurden.

Die Darstellungen zum Alten und Neuen Testament zersetzen sich durch den sogenannten Tinten- und Kupferfraß. Darstellungen, für die die Holzstiche von Lukas Cranach dem Älteren stammen — einem der bedeutendsten Maler und Grafiker der Renaissance. „Daran zeigt sich auch, was man aus den Quellen weiß, dass für diese Bibeln großer Wert auf Qualität gelegt wurde“, so Dautermann.

Für die Restaurierung hofft der Verein der Freunde der Museen Burg Linn auf Spenden und koordiniert eine Sammelaktion. „Wir haben viele tolle Stücke, aber man muss sie halt auch in gutem Zustand halten, und das kostet Geld“, sagt Dautermann. Die Lufftbibeln seien „Schriftzeugnisse von nationalem Charakter“, betont er den Wert dieser speziellen Exemplare. Wie viele Lufftbibeln es heute noch gebe, sei nicht erfasst. „Vielleicht sind es nur 200 oder 300.“

In Museumskreisen sind die guten Stücke sehr begehrt. Derzeit ist eine der beiden Linner Lufftbibeln vom Ruhr Museum in Essen für die Ausstellung „Der geteilte Himmel. Reformation und religiöse Vielfalt an Rhein und Ruhr“ ausgeliehen. Und schon liegt die nächste Anfrage aus Dinslaken für eine Reformationsausstellung vor.

Zwar gab es vor Martin Luthers Übersetzung der Bibel ins Deutsche schon 18 andere Übersetzungen. Aber die wurden zum Teil zum Beispiel ins Niederdeutsche übersetzt. „Mit seiner Übersetzung ins Hochdeutsche hat Luther eine Sprache gefunden und zum Teil erfunden, die große Akzeptanz im ganzen Deutschen Reich hatte“, so Dautermann.

Im Gegensatz zu anderen setzten sich die Lutherbibeln rasant durch. Als er 1522 zunächst das Neue Testament vorlegte, war es schnell vergriffen. „Er ist schließlich auch als Erster textkritisch vorgegangen. Er hat sich nicht nur mit der lateinischen Version, sondern auch mit den Urtexten, der griechischen Urfassung und hebräischen und aramäischen Texten beschäftigt.“