Lyrisch-heiter bis klanglich facettenreich

Die Reihe „LiedGut“ widmet den Vertonungen von „Des Knaben Wunderhorn“ ein Konzert.

Foto: Matthias Stutte

Liebes- und Wanderlieder, Balladen, Kinderverse und geistliche Lieder — das alles ist in einem Sammelband zusammengefasst, der den poetischen Titel „Des Knaben Wunderhorn“ trägt. Poesie war auch das Stichwort für die Dichter Achim von Arnim und Clemens Brentano, die im 19. Jahrhundert mehrere Bände von „alten deutschen Liedern“ herausgaben. So heißt das Buch im Untertitel, das mit insgesamt rund 700 Texten eine umfassende Quelle für die deutsche Volkslied-Tradition darstellt. Von ihrem Erscheinungsjahr 1805 an bis weit ins 20. Jahrhundert hinein ließen sich Komponisten von diesen Texten zu Vertonungen inspirieren. Dazu gehören Robert Schumann, Johannes Brahms, Gustav Mahler und Richard Strauss. Die Reihe „LiedGut“ des Theaters widmete jetzt diesen „Wunderhorn“-Vertonungen einen ganzen Konzertabend.

Unter der Leitung von Pianist Michael Preiser, der die Reihe auch konzipiert hat, stellten Sopranistin Sophie Witte und Bariton Rafael Bruck sehr unterschiedliche Beispiele daraus vor. Einen humorvollen Auftakt machte Bruck mit der „Romanze von den Schneidern“ von Friedrich Heinrich Himmel. Witte folgte mit einigen lyrisch-heiteren Beispielen, wie dem „Rheinlegendchen“ von Mahler oder den „Frühlingsblumen“ von Louise Reichardt, einer der wenigen Komponistinnen jener Zeit. Mit viel Esprit interpretierte die Sängerin auch zwei Lieder von Richard Strauss, die mit ihrem Witz beim Publikum gut ankamen.

Dass auch hinter dem vorgeschriebenen „verdrießlichen Ton“ für Mahlers Lied „Selbstgefühl“ eine feine Ironie steckt, zeigte Bruck auf besondere Weise. Auch bei den expressiven Ausbrüchen von Arnold Schönbergs „Wie Georg von Frundsberg von sich selber sang“ zeigte er diese besondere Balance. Eindringlich und ohne in eine Sentimentalität abzugleiten, beeindruckte Witte mit einer Folge von Liedern des norwegischen Komponisten Christian Sinding. Diese sehr volkstümlich-gefühlsbetonten Lieder, die thematisch um Volks- und Aberglauben, aber auch um Armut und Tod kreisen, interpretierte die Sängerin mit der ihr eigenen Wärme und Strahlkraft.

Der zweite Teil war Mahler vorbehalten. Musikalisch sind diese fürs Klavier geschriebenen Lieder hoch anspruchsvoll und klanglich facettenreich. „Sie sind orchestral gedacht“, erläuterte Preiser, der am Flügel die unterschiedlichen Stimmungen sehr einfühlsam auslotete und sich als perfekter Partner der Sänger erwies. Dieser letzte Liedblock entführt den Zuhörer in extrem unterschiedliche Welten. Einmal mehr überzeugte Witte mit den gegensätzlichen Liedern vom himmlischen und irdischen Leben. Ein dramatisches Soldatenschicksal beschreibt „Revelge“, das durch Brucks Interpretation unter die Haut ging — ein hochkarätiger und emotionaler Abend. MP