Minna lässt ihr große Liebe nicht gehen
Das Theater zeigt am Freitag, wie weit voraus die Protagonistin ihrer Zeit war.
Gotthold Ephraim Lessing hat Theodor Fontane nicht gekannt, da dieser erst 30 Jahre nach seinem Tod geboren wurde. Fontanes Gedicht „Die Ehre dieser Welt“ hätte Lessing aber vermutlich gefallen, passt es doch perfekt zur Problematik seines Lustspiels „Minna von Barnhelm“. Bei Fontane heißt es: „Es kann die Ehre dieser Welt/ Dir keine Ehre geben, /Was dich in Wahrheit hebt und hält, /Muss in dir selber leben.“
Das insgesamt dreistrophige Gedicht ist auch das Leitmotiv der Inszenierung von Anja Panse geworden, die sie für das Gemeinschaftstheater geschaffen hat. Nachdem das Stück bereits in der vergangenen Spielzeit in Mönchengladbach gelaufen ist, feiert es am kommenden Freitag in Krefeld Premiere.
„Minna von Barnhelm“, 1767 uraufgeführt, gilt als erste deutsche Komödie. Der ernste Konflikt um gesellschaftliches Ansehen und Ehre wird darin mit großem Sprachwitz behandelt. Major von Tellheim, der wegen einer Korruptionsaffäre aus dem Militärdienst entlassen wurde, fühlt sich durch diesen Ehrverlust nicht mehr würdig, seiner Verlobten Minna gegenüberzutreten. Diese ist jedoch wild entschlossen, den Mann, den sie liebt, nicht aufzugeben. Sie reist ihm nach und stellt ihn zur Rede. „Minna geht in Aktion, nimmt das Heft in die Hand, das ist der Spaß an der Geschichte. Und Tellheim ist eine harte Nuss“, sagt Panse.
Für eine Frau in der damaligen Zeit auch ein sehr mutiger Schritt. „Minna geht es um das Innenleben“ ergänzt sie. Tellheim macht seine Ehre von äußeren Dingen abhängig, von seinem Status und Geld. „Die Gesellschaft und ihre Rahmenbedingungen sind immer wieder anders. Das zentrale Thema zwischen äußerem und innerem Konflikt hat sich nicht geändert“, betont die Regisseurin. Um das deutlich zu machen, zeigt sie das fünfaktige Stück als Zeitreise vom 18. Jahrhundert in die Gegenwart.
Es beginnt in der Originalzeit, der dritte und vierte Akt spielen in der Wende vom 19. aufs 20. Jahrhundert, der letzte Akt in der Gegenwart. Die Veränderung wird über die Kostüme sichtbar, auch die Figuren agieren anders. Die Sprache Lessings wird dagegen nicht verändert. Auch die Bühne wird sich einer allmählichen Verwandlung unterziehen und vom geschlossenen Raum zunehmend offener. Außerdem gibt es eine eigens komponierte Bühnenmusik (Sebastian Herzfeld), die einige der Darsteller auf verschiedenen Instrumenten spielen werden. Auch das Fontane-Gedicht wird in diesem Zusammenhang einen Platz haben.
Die Titelrolle spielt Esther Keil, die im Gegensatz zu Lessings Vorgabe schon einen reiferen Frauentypus verkörpert. „Der Kampf um Tellheim ist so moderner und anders motiviert“ sagt die Regisseurin dazu.
“ Premiere, 8. Juni, 19.30 Uhr
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