Jazz Mal rau und expressiv, dann impressionistisch zart

Zwei Bläser, Kontrabass und Schlagzeug, kein Harmonieinstrument. Mit einer solchen Besetzung bietet es sich im Jazz an, zwischen freien und gebundenen Formen zu wechseln, und genau dies hat das Quartett Dalgoo perfektioniert.

Das Quartett Dalgoo spielte in der Kulturfabrik.

Foto: Jochmann, Dirk (dj)

Die Band bestritt jetzt das dritte Konzert der Reihe Jazzherbst des Jazzklubs Krefeld in der Kulturfabrik, und ihr gelang ein spannendes Konzert, das leider wieder vor zu wenigen Zuschauern stattfand.

Die Band wurde 1998 von Tobias Klein (Altsaxofon, Bassklarinette) und Kontrabassist Meinrad Kneer in Amsterdam gegründet, Lothar Ohlmeier (Tenorsaxofon, Bassklarinette) gehört auch schon länger dazu. Seit 2018 sitzt der Berliner Christian Marien am Schlagzeug.

Klein und Ohlmeier spielten entweder beide Saxofon oder beide Bassklarinette, schade, dass sie nicht weitere Möglichkeiten nutzten. Gleichwohl war ihr Zusammenspiel nicht nur im Miteinander von Alt- und Sopransaxofon, sondern auch bei den Bassklarinetten ausgesprochen vielfarbig und ausdifferenziert.

Klein am Altsaxofon spielte expressiver, nutzte die hohe Lage seines Instruments auch für grelle Töne, während Ohlmeier in seinen Soli auf dem Tenor bedächtiger agierte. Auf den Bassklarinetten ergänzten sie sich lagenmäßig so, dass sie sich nicht ins Gehege kamen. Bei vielen Tutti-Improvisationen war zu bewundern, wie gelungen sie ihre Phrasen miteinander verzahnten.

Meinard Kneer stand nicht nur in der Bühnenmitte, sondern bildete auch musikalisch bei den vielen freien Passagen das Zentrum, erdete stets das Spiel seiner Kollegen. Dabei erwies sich Kneer auch instrumental als äußerst versierter Musiker. Er entlockte seinem Kontrabass einen sehr voluminösen, warmen Ton, phrasierte ausgesprochen präzise und glänzte in zahlreichen Soli mit einer Geläufigkeit, die man auf dem Kontrabass höchst selten zu hören bekommt.

Christian Marien nutzte die Freiheit, die man am Schlagzeug mit einem Kollegen wie Kneer haben kann. Sehr oft trieb er die Rhythmik in die Latenz, umspielte das Metrum, anstatt es zu betonen, und natürlich verfügte er mit ebenfalls überdurchschnittlicher Technik auch über die Mittel dazu.

Viele Stücke hatten durchaus melodiöse Themen, die aber meist keine Songstruktur. Vielmehr wurden einzelne Phrasen aneinandergereiht, variiert und dann durch eine gänzlich neue Phrase gebrochen. Viele Linien erinnerten an die Zeit des Hard Bop, in den Improvisationen agierten die Bläser dann meist frei.

Kneer und Marien unterlegten die Stücke meist mit einem breiten Rubato oder ließen die Zeit in hektischen Fieberkurven pulsieren. Selten einmal wurde rhythmisch gebunden gespielt und wenn doch, wurde etwa mit Beschleunigung und Verlangsamung variiert.

Der ständige Wechsel zwischen fast ganz freier und dann doch wieder teilweise gebundener Form ließ die Spannung nie sinken, hinzu kam, dass der Charakter der Stücke auch im Ausdruck stark changierte. Mal wurde da trotz aller Freiheit fast impressionistisch ein Stimmungsbild hingetupft, dann wieder ging die ganze Band rau und expressiv zur Sache. Die wenigen Zuschauer legten sich beim Applaus so sehr ins Zeug, dass die Musiker um eine Zugabe nicht herumkamen.