Mihkel Kütsons WZ-Kolumne Mahler „empfunden“

Krefeld · Der Generalmusikdirektor der Niederrheinischen Sinfoniker, Mihkel Kütson, schreibt in der WZ über das kommende Sinfoniekonzert mit Mahlers 3. Sinfonie.

Generalmusikdirektor Mihkel Kütson schreibt in seiner Kolumne über die Programme der Sinfoniekonzerte – diesmal Mahlers 3..

Foto: Andreas Bischof

Schon seit Langem ist dieser Tag in Krefeld sehnlichst erwartet worden. Am 9. Juni 1902 schrieb die Stadt mit der Uraufführung der 3. Sinfonie des damaligen Musikdirektors der Wiener Staatsoper, Gustav Mahler, Musikgeschichte. Alles, was damals Rang und Namen hatte, traf sich zum Höhepunkt der 38. Tonkünstler-Versammlung in der damaligen Stadthalle.

Für den Komponisten war die Aufführung ein großer Erfolg, und der Siegeszug seiner Sinfonie war nicht mehr aufzuhalten. Dabei stellt sie den Aufführenden enorme Herausforderungen: eine riesige Orchesterbesetzung, dazu Kinderchor, Frauenchor und Alt-Solistin. Und eine Komposition mit sechs Sätzen, in der sich der Komponist nicht weniger vorgenommen hat, als die ganze Welt mit ihrer ungeheuren Fülle von Erscheinungen in Notenzeilen zu schreiben. So hat er in die Welt gehorcht, „was ihm die Blumen und der Wald, die Tiere, die Menschen, die Engel erzählen“ – und zuallerletzt auch: die Liebe.

Musik wie ein aus dem
Nichts fließender Atem

Diese frühen Überschriften der einzelnen Teile geben den Zuhörern einen wunderbaren Pfad der Erkundung durch dieses Werk, welches in der kommenden Woche im Rahmen der Festivitäten zum 650-jährigen Stadtjubiläum im Seidenweberhaus durch die Niederrheinischen Sinfoniker zur Aufführung kommt.

Den engelsgleichen glockigen Kinderchorpart übernimmt der Konzertchor der Akademie für Gesang NRW. Die Damen des WDR-Rundfunkchors und des Opernchors des Theaters sowie Eva Maria Günschmann als Solistin interpretieren die Gesangspartien, die auf Texte von Friedrich Nietzsche und „Des Knaben Wunderhorn“ komponiert worden sind. Nach fünf Sätzen allerschönster und dabei kraft- und durchaus auch humorvoller Auseinandersetzungen mit der Materie schreibt Mahler am Anfang des finalen Satzes „Empfunden“. Hier ist er am Endpunkt seiner Weltanschauung angekommen: Die Musik, sei sie auch instrumental, ist ein Gesang, wie ein aus dem Nichts fließender Atem.