Mit "Ali Baba" öffnet sie die Schatzkammer

Julia Polziehn ist neue Leiterin des Musiktheaters im Haus Sollbrüggen. Sie setzt auf Teamarbeit und Live-Musik.

Foto: Dirk Jochmann

Krefeld. Zuerst hat sie sich die Geschichte von Ali Baba vorgenommen, das passt irgendwie. Allerdings wird Julia Polziehn mehr als ein simples „Sesam, öffne dich!“ brauchen, um ihre neue Schatzkammer zu erforschen. Die 42-jährige Cellistin und Opernregisseurin übernimmt die Leitung des Musiktheaters an der Krefelder Musikschule. Sie wird mit Kindern und Jugendlichen Musicals produzieren, die einmal im Jahr aufgeführt werden.

Polziehn tritt in große Fußstapfen: 25 Jahre lang war Phan Trat Quan Herz und Seele des Musiktheaters — Autor, Regisseur, Manager und Bühnenarbeiter in einem. „Er hat fantastische Arbeit geleistet und viele Menschen begeistert“, sagt Julia Polziehn, die schon im Studium eins seiner Stücke in Köln aufgeführt hat. Auch Ralph Schürmanns, Leiter der Musikschule, lobt den langjährigen Kollegen: „Er hat Musiktheater unter schwierigsten Bedingungen, aber auf höchstem Niveau geboten.“

Dennoch soll sich nun vieles ändern, zumal die Bedingungen nicht mehr schwierig sind. Statt einer winzigen Kammer steht der Gruppe nun der neue Theatersaal zur Verfügung, mitsamt professioneller Bühnentechnik. Polziehn will in ihren Produktionen künftig mit Live-Bands arbeiten, Bühnenbild und Kostüme sollen in Workshops unter fachkundiger Leitung entstehen. Die Kinder erhalten zudem Stimmbildung und Sprecherziehung.

Die wichtigste Neuerung jedoch ist die Arbeit im Team. Als Einzelkämpfer habe Phan Trat Quan, der nun im Vorruhestand ist, gemerkt, wie „hart und aufreibend“ seine Aufgabe war, sagt Schürmanns. Polziehn will daher ihre Fähigkeit nutzen, „Menschen zusammenzuführen und zusammenzuhalten“. Viel Unterstützung findet sie bei anderen Lehrern der Musikschule, aber auch von außerhalb. So hat Schauspielerin Rosemarie Weber ihre Mitwirkung angeboten.

Kontakte in die Kunst-, Musik und Theaterszene hat Polziehn zuhauf. Als Tochter des ehemaligen Museumsdirektors Gerhard Storck ist sie in einem Künstlerhaushalt groß geworden, das Cellospielen hat sie in der Musikschule gelernt. Seit dem Studium schreibt und inszeniert sie eigene Stücke, war auch Mitbegründerin der Jungen Kammeroper Köln. Das heute renommierte Ensemble war damals ein Tourneetheater ohne Budget: „Da habe ich Musiktheater von der Pike auf gelernt. Wir haben alles selbst gemacht, vom Aufbau bis zur Inspizienz. Das Bühnenbild passte in einen Ford Mondeo.“

Die Fähigkeit zu improvisieren, mit anzupacken und das Chaos zu beherrschen, wird Julia Polziehn auch künftig brauchen. Sie muss Dutzende kleiner Musiker, Chorsänger und Solisten — inklusive deren Stundenpläne — unter einen Hut bringen und bei der Stange halten. Nur dann wird Ali Baba im nächsten Sommer das Felsentor öffnen.